Sandra Schuberth
· 03.04.2023
Europas Fahrradbranche arbeitet an einer gemeinsamen Lastenradnorm. Was hat es mit der Norm auf sich und welche Vorteile bietet sie?
Kürzlich trafen sich Vertreter und Vertreterinnen aus Fahrradbranche, Wissenschaft und Politik in Delft mit dem Ziel, eine gemeinsame europäische Lastenradnorm zu entwickeln. Zu der Arbeitsgruppe gehören unter anderem Marco Brust (Geschäftsführer von velotech.de), der Anhängerhersteller NÜWiel, die Lastenrad-, Fahrrad- und Antriebsherstellern Riese&Müller, Urban Arrow, Accell, Shimano, Schaeffler, Bosch E-Bike Systems und Mando sowie die Technischen Universität Hamburg-Harburg, der Zweirad-Industrie-Verband e.V. (ZIV) und weitere.
Velotech.de in Schweinfurt ist ein weltweit anerkanntes, akkreditiertes Prüflabor für Mikromobilitätsfahrzeuge und Produktsicherheit. Das Unternehmen unterstützt Hersteller mit Beratung, Prüfung und Zertifizierungen für einzelne Baugruppen und Komplettfahrzeuge.
In der Arbeitsgruppe wurde der Entwurf der neuen Norm EN17860 erarbeitet. Bisher waren schwere Lastenräder und schwere Anhänger nicht hinreichend normiert. In der neuen Norm sind auch sie erfasst. Jeweils gesondert erfasst werden Anhänger mit eigenem Elektromotor und eigener Bremse sowie einspurige Lastenräder mit jeweils bis zu 250 Kilogramm zulässigem Gesamtgewicht, mehrspurige Lastenräder mit bis zu 300 Kilogramm zulässigem Gesamtgewicht und schwere Lastenräder bis 650 Kilogramm.
Der velotech.de-Geschäftsführer Marco Brust erklärt: „Lastenräder haben sich stark entwickelt. Das gilt besonders für den Gütertransport, und hier ist eine EU-Norm hilfreich, um den europaweit existierenden Flickenteppich zu vereinheitlichen. Manche Fahrzeuge werden von Land zu Land unterschiedlich eingestuft, so wird etwa in den Niederlanden ein Höchstgewicht für Lastenräder von 75 Kilogramm diskutiert; in Frankreich gelten vierrädrige Fahrzeuge in manchen Regionen nicht als Fahrrad, und in Deutschland gelten wieder andere Regeln. Das hemmt den Handel und bringt auch rechtliche Probleme. Darum hilft die neue EU-Norm. Profitieren werden also zum einen die exportorientierten Hersteller, weil der Vertrieb in der Europäischen Union leichter wird. Zum anderen erleichtert die Norm die Entwicklung jedes Herstellers, weil die Vorgaben, was das Produkt leisten muss, klarer werden.“
Bisher bestimmte die Norm DIN 79010, wie Lastenräder geprüft werden. Zuletzt wurde sie 2020 überarbeitet und seinerzeit von velotech.de-Gründer Ernst Brust als Obmann erarbeitet. Die DIN 79010 wird von der neuen Norm EN17860 abgelöst. Bei der Ausarbeitung der neuen Norm wurde auch die alte Norm für City- und Trekkingräder, die 15194, herangezogen. Für Lastenräder ist diese aber aufgrund des stark gewachsenen Gewichts und der Sicherheitsaspekte beim Personentransport sowie den Seriellen Hybriden, also dem Fahrrad ohne Kette und ohne Zahnriemen, nicht mehr zeitgemäß. Auf europäischer Ebene wurde die Norm besprochen, alle Einsprüche wurden bearbeitet.
Mit Lastenradnormen kennt velotech.de sich gut aus: Bereits 2013 wurde die erste Deutsche Lastenradnorm vom Gründer des Prüfinstituts, Ernst Brust, als Obmann ins Leben gerufen. Zu dem Zeitpunkt war das Institut gerade von der DAkkS nach ISO/IEC 17025 akkreditiert worden. Diese Akkreditierung war Grundlage für die Anerkennung von Prüfberichten durch Behörden und half Herstellern bei der Entwicklung sicherer Fahrzeuge.
Normen sind ein Beiwerk, um Gesetzestexte zu erfüllen. Mit ihnen können Hersteller nachweisen, dass seine Produkte sorgfältig entwickelt wurden. Das wiederum trägt zu einem sicherem Lastenradverkehr bei. Dabei muss beachtet werden, ob das Rad gewerblich oder privat eingesetzt wird, die Anforderungen an das Material unterscheiden sich stark. Ob eine Norm von einem Lastenrad eingehalten wird, prüft velotech.de in seinem Prüflabor in Schweinfurt.