Uwe Geißler
· 31.05.2017
Wertvolle E-Bikes für längere Zeit an der nächstbesten Straßenecke abstellen? Besser nicht. In vielen Städten gibt es inzwischen moderne Fahrrad-Parkhäuser, und es werden immer mehr sichere und geeignete Abstellplätze geschaffen. Ein Report, wie Sie Ihr Pedelec entspannt parken.
Parkplatzprobleme sind eine klassische Autofahrersorge. Oder doch nicht? Gerade in Städten reichen die klassischen Fahrradständer bei schönem Wetter oft nicht aus, die Gehwege sind zugeparkt – und Laternen- oder Schilderpfähle, an denen man das Fahrrad anschließen kann, meist schon besetzt. Doch gerade Besitzer von hochwertigen Pedelecs müssen sich Gedanken über einen geeigneten Stellplatz machen. Denn die Gefahr, dass das E-Bike entwendet oder mutwillig beschädigt wird, ist in Großstädten hoch – vor allem abends und nachts. Außerdem sollte man bei längeren Standzeiten auf den empfindlichen Akku achten. "Extreme Kälte oder Hitze schaden dem Akku", sagt Dirk Zedler, Sachverständiger für Fahrräder und Elektrofahrräder. "Wenn man sein Pedelec in der prallen Sonne an eine Wand stellt, ist das für den Akku eine Katastrophe. Deshalb macht es Sinn, das Fahrrad so abzustellen, dass es vor Witterungseinflüssen geschützt ist."
Eine gute Lösung bieten spezielle Fahrradparkhäuser – wie man sie im Fahrradland Holland schon seit vielen Jahren kennt. Bewachte Fahrradparkplätze (Fietsenstalling) findet man in den Niederlanden an rund 100 Bahnhöfen. Die Stationen verfügen meist über mehr als 1.000 Stellplätze, von denen allerdings nicht alle bewacht sind. Besonders markant ist das dreistöckige Fahrradparkhaus auf Stelzen über dem Wasser am Bahnhof in Amsterdam. Und in Utrecht, der viertgrößten Stadt der Niederlande, wird gerade ein riesiges, futuristisch gestaltetes Parkhaus für 12.500 Fahrräder gebaut, das 2018 fertiggestellt werden soll.
Doch auch in Deutschland tut sich was. Bereits Mitte der 1990-Jahre griff das Bundesland Nordrhein-Westfalen die Idee der niederländischen Nachbarn auf, Fahrradstationen an Bahnhöfen zu errichten. 1999 wurde in Münster ein Fahrradparkhaus für 3.300 Bikes eröffnet. Es ist bis heute das größte Fahrradparkhaus Deutschlands. Geschäftsführer Georg Hundt erzählt: "Die Stadt Münster musste damals eine Lösung für die vielen tausend Fahrräder finden, die ebenerdig rund um den Bahnhof abgestellt wurden." Da war die Radstation eine perfekte Lösung.
Aber die Radstation Münster ist noch mehr als ein reines Parkhaus: Hier kann man sich auch Fahrräder und Pedelecs mieten und sein Rad sogar in einer Werkstatt warten und reparieren lassen. Selbst eine Fahrradwaschanlage (auch für E-Bikes) steht den Nutzern zur Verfügung. Rund 80 Prozent der Fahrradparkplätze in der Radstation sind an Dauerparker vermietet. Ein Stellplatz kostet pro Jahr 70 Euro, ein Tagesticket gibt es für 70 Cent.
Das Konzept der Radstationen mit bewachten Parkplätzen, Leihrädern und Reparaturservice bewährt sich. In Nordrhein-Westfalen gibt es derzeit 64 Radstationen (www.radstation-nrw.de). Aber auch in anderen Bundesländern haben sich Radstationen etabliert: zum Beispiel in Augsburg, Bremen, Hannover, Ludwigsburg oder Potsdam.
Darüber hinaus gibt es in Deutschland kleine, aber feine vollautomatische Fahrradparkhäuser wie das "Radhaus" in Bamberg. Es wurde 2012 in einem denkmalgeschützten ehemaligen Dienstgebäude der Deutschen Bahn eingerichtet und bietet mit einer Doppelstockanlage Platz für 330 Fahrräder. Zutritt erhält man über ein Drehkreuz – eine Sensormatte erkennt, ob man auch wirklich ein Fahrrad dabei hat. Das helle Parkhaus wird mit Videokameras überwacht und bietet Schließfächer, in denen man auch den Akku seines E-Bikes aufladen kann. Monatlich werden durchschnittlich 1.900 Räder abgestellt. Der komfortable, sichere und wettergeschützte Abstellplatz kostet 50 Cent für 24 Stunden. Eine Monatskarte gibt es für acht Euro, das Jahresticket beläuft sich auf 70 Euro.
Falls das Budget einer Stadt für ein ganzes Fahrradparkhaus nicht ausreicht, gibt es natürlich auch kleinere Lösungen. In diesem Jahr haben zum Beispiel die Städte Mönchengladbach und Hagen entschieden, sieben Bahnhöfe mit insgesamt 84 Fahrradboxen auszustatten. Sie sollen mit einem elektronischen Schließsystem versehen werden, das mit einer Chipkarte geöffnet werden kann. Über ein Reservierungssystem soll man schon von zu Hause aus erkennen können, ob eine Box frei ist – und kann sie dann direkt buchen.
Einer der führenden Hersteller für Fahrradparksysteme in Europa ist WSM – die Walter Solbach Metallbau GmbH in Waldbröl. Andreas Hombach, Vertriebsleiter für Überdachungs- und Fahrradparksysteme erzählt: "Die Nachfrage nach Fahrradboxen hat in den letzten Jahren deutlich angezogen. Wir führen das auch auf den Boom von Pedelecs zurück." Fahrradgaragen werden im kommunalen Bereich ebenso wie für Touristik und Gastronomie eingesetzt. Hombach: "An beliebten Fahrradrouten werden immer mehr sichere Parkmöglichkeiten für Bikes geschaffen. Alleine am Emsradweg stehen über 100 Fahrradboxen – in aller Regel unentgeltlich – zur Verfügung." Außerdem unterstützen immer mehr Unternehmen Mitarbeiter, die mit dem Rad zur Arbeit kommen. Zu den Anreizen zählen neben Umkleideräumen und Duschen auch sichere Abstellplätze für Fahrräder. Andreas Hombach: "Zu unseren Kunden zählen Firmen wie Audi, Adidas und Siemens."
Doch auch zu Hause muss man sein Pedelec trocken und sicher abstellen. Wer keinen zugänglichen Keller, Platz in einer Autogarage und kein Gartenhaus zur Verfügung hat, kann auf seinem Privatgrundstück vielleicht eine Fahrradgarage aufstellen. Über den Fahrradfachhandel wird etwa die verzinkte Stahlblechkonstruktion "Bikebox 3" von WSM angeboten. Die 82 x 140 x 205 Zentimeter große Bikegarage wiegt rund 80 Kilogramm, wird komplett geliefert und kann auf Pflastersteinen oder einer geschotterten Fläche montiert werden. In grauer Pulverbeschichtung kostet die Bikebox 3 inklusive Lieferung rund 1.000 Euro, für einen Aufpreis von etwa 200 Euro wird sie sogar in Wunschfarbe lackiert. Als Zubehör gibt’s eine Pedelec-Ladevorrichtung: ein Klapptisch fürs Ladegerät plus Stromverteilerkasten mit eigener Absicherung. Bei niedrigen Temperaturen sollte man den Akku allerdings im Wohnhaus lagern und aufladen. Das E-Bike selbst ist in der Fahrradgarage so auch im Winter rundum sorglos untergebracht.