Stefanie Weinberger
· 18.05.2020
Ergonomie-Serie, Teil 1: So kommt die Kraft vom Fuß auf das Fahrradpedal. Was sollte man beachten, damit die Übertragung der Bewegung aufs Rad beschwerdefrei funktioniert?
Zuerst die schlechte Nachricht: Eigentlich sind unsere Füße gar nicht zum Radfahren gemacht. Logisch, denn im Laufe der Evolution des Menschen ist die Zeitspanne, in der Füße an eine Tretkurbel montiert werden und sie in eine Drehbewegung versetzen sollen, vergleichsweise kurz. Nicht von ungefähr wurden die ersten Räder noch als Laufmaschinen konzipiert. Erst später kam man auf die Idee, die Bewegung über eine Kurbel mit Kette oder Riemen zu übertragen. Insgesamt ist das effizienter, doch gemacht ist der biomechanisch flexible Bewegungsapparat des Fußes mit seinem Quer- und Längsgewölbe eigentlich nicht für die starre Drehbewegung.
Kurbeln die Füße am Rad, kann daher jedes Mal ein wenig Kraft verloren gehen. So erklärt der Sportwissenschaftler Dr. Achim Schmidt von der Sporthochschule Köln: „Bei jedem Tritt in die Pedale knickt der Fuß seitlich leicht ein, meist nach innen in Form einer sogenannten Pronation.“ Dabei verpuffe sozusagen ein Teil der Kraft, auch durch seitliche Verwindungsbewegungen der Knie, die beim Einfedern entstehen könnten. Nicht nur für den Vortrieb ist das ungünstig, sondern es kann sogar zu orthopädischen Schäden oder Verletzungen kommen. „Das Ziel sollte sein, besser geführt und möglichst stabil auf dem Pedal zu stehen, und dabei die biomechanisch sinnlose bis abträgliche Pronationsbewegung abzustellen“, erläutert Schmidt, der auch an der Entwicklung von ergonomischen Einlegesohlen und Pedalen für Radfahrer beteiligt ist. Studien zeigen, dass sich dadurch die Leistung, die vom Fuß auf die Kurbel übertragen werden kann, erhöht. Aber auch für weniger leistungsorientierte Radfahrer gibt es dadurch einfach mehr Komfort und weniger Beschwerden im Schuh.
Und jetzt die gute Nachricht: Diese teilweise entscheidenden Verbesserungen lassen sich schon mit relativ einfachem Zubehör wie vorgefertigten, preislich vertretbaren Radsport-Innensohlen erreichen. Man muss sich nicht gleich einem aufwendigen Bikefitting unterziehen oder sich orthopädische Spezialsohlen anpassen lassen – wenngleich sich mit solchen Maßnahmen sicherlich noch gezieltere Verbesserungen erreichen lassen. Vor allem die Analyse der gesamten Sitzposition ermöglicht einen ganzheitlicheren Blick und empfiehlt sich für Radfahrer mit extremen Fehlstellungen oder Beschwerden. Anders als früher oft propagiert, nützen orthopädische beziehungsweise ergonomische Produkte also auch Normalradfahrern.
Findet dann der biomechanisch stabil gebettete Fuß auch noch Halt im passenden Schuh, wird schon fast eine runde Sache daraus. Jetzt muss nur noch der Schuh die Kraft an der mechanisch günstigsten Stelle aufs Pedal bringen. Dabei können ergonomisch geformte Pedale mit leicht gebogener oder in Länge und/oder Breite vergrößerter Standfläche helfen. Falls Sie mit Cleats und Klickpedalen fahren, sollten diese gut justiert werden. Spielen dann alle Komponenten der Schnittstellen zwischen Fuß, Schuh und Pedal gut zusammen, kurbelt es sich viel geschmeidiger, leichter und beschwerdefreier als mit unergonomischen Wackelfüßen, die vergeblich nach dem richtigen Halt suchen.