Angelika Urbach
· 09.05.2023
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Koordination für Radfahrer! Der Körper ambitionierter Radfahrer und Radfahrerinnen benötigt einen Ausgleich zum gleichförmigen Pedalieren. Unsere dreiteilige Serie „Körperschule“ gibt Tipps und zeigt einfache Übungen zum Nachmachen. Hier: Koordination.
Von verhinderten Unfällen im Straßenverkehr kann nahezu jeder Alltagsradfahrer berichten: Mal war die Ursache eine plötzlich aufgestoßene Autotür, mal ein kaum erkennbares Hindernis auf einem dunklen Radweg oder aber ein Hund, der unvermutet aus einer Einfahrt heraus mitten vors Rad sprang.
Blitzschnell läuft in solchen Momenten unser Zentralnervensystem heiß. Binnen Millisekunden werden Reize weitergeleitet, Signale versendet und auf diese Weise Bewegungen in der richtigen Reihenfolge koordiniert. Das alles passiert weitgehend unbewusst.
„Alltagsradfahrer sind einer Flut von Reizen ausgesetzt“, betont Ulrike Daubermann, Alltagsradfahrerin und Physiotherapeutin aus Augsburg, „wer im Ernstfall auf eine Gefahr richtig reagiert, wird nicht so leicht aus der Bahn geworfen.“
Wie souverän wir einen Sturz oder Unfall vermeiden, hängt maßgeblich von der Qualität der Reaktion unseres Körpers ab. Und die wiederum lässt sich gezielt trainieren. Dafür hat unsere Expertin im dritten und letzten Teil der Serie „Körperschule“ Koordinationsübungen für Radfahrer zusammengestellt.
Unter Koordination versteht man die Abstimmung gezielter Bewegungen unter Steuerung des zentralen Nervensystems. Die Kommunikation zwischen Muskel und Nerv erfolgt dabei sowohl innerhalb eines Muskels als auch zwischen verschiedenen Muskelgruppen. Ziel des Koordinationstrainings sind quasi „schlaue“ Muskeln, die schneller und effektiver auf unvorhergesehene Situationen reagieren.
Auch die Übungen unseres Programms verbessern die Aktivierung des Gehirns, die Weiterleitung von Reizen und das Zusammenspiel der Muskeln. Gleichzeitig stärken sie die räumliche Orientierungsfähigkeit und die Balance auf dem Rad.
Eine gute Koordination nützt Radfahrern nicht nur beim Sport. Im Alltag hilft sie, Stürze durch Stolpern oder Ausrutschen zu vermeiden. Aus gutem Grund werden viele Koordinationsübungen auf einem Bein stehend ausgeführt: Der Einbeinstand verbessert die Körperwahrnehmung und erfordert den Einsatz vieler kleiner Fußmuskeln.
Fürs gewöhnliche Gehen spielt das kaum eine Rolle. Doch falls ein Bein auf einer glatten Oberfläche plötzlich wegrutscht, werden jene kleinen Muskeln schnell zum Rettungsanker, der unseren Körper in letzter Sekunde im Gleichgewicht hält.
Leider werden die Erfolge des Koordinationstrainings weniger direkt sichtbar als bei anderen Trainigsarten: Es entsteht kein offensichtlicher Muskelzuwachs und keine erkennbare Beweglichkeit. „Trotzdem werden Radfahrer nach einigen Wochen ein allgemeines Gefühl größerer Sicherheit auf dem Rad spüren“, verspricht Ulrike Daubermann. Und wer sich sicher fühlt, fährt in der Regel auch tatsächlich sicherer.
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Mit zunehmendem Alter sei das Training der Koordination immer wichtiger, betont Ulrike Daubermann. „Konfrontieren Sie Ihren Körper so oft wie möglich mit ungewohnten Aufgaben“, ermutigt die Expertin, „denn Gewohnheit ist der größte Feind der Koordination.“ Erste Schritte lassen sich bereits im Alltag umsetzen, z.B. indem man im Einbeinstand die Zähne putzt, Schubladen mit der „falschen“ Hand aufzieht oder mit dem ungewohnten Bein zuerst in die Hose schlüpft.
Auch bei unserem Übungsprogramm kommt es darauf an, die einzelnen Aufgaben immer wieder zu variieren. Dazu eignen sich Unterlagen, die die Balancearbeit des Körpers stufenweise erschweren (siehe „Physio-Tipp“ unten). Für den Anfang genügt es völlig, die Übungen auf dem Boden durchzuführen. Wer sich auf festem Untergrund sicher fühlt, kann seinen Körper vor neue Herausforderungen stellen.
Die Augen spielen eine wichtige Rolle bei der Kontrolle über die Lage des eigenen Körpers im Raum. „Fixieren Sie zu Beginn einen unbeweglichen Punkt mit den Augen“, lautet der Profi-Tipp der Therapeutin. Hat man eine Übung auf diese Weise mehrmals sicher absolviert, kann man versuchen, die Augen während der Bewegungsführung zu schließen. Bitte Vorsicht: Ohne die optische Kontrolle sind die Übungen viel schwerer – und effektiver – als man denken würde.
Auf den ersten Blick sehen die nachfolgenden Übungen simpel aus, doch in Wirklichkeit erfordern sie ein hohes Maß an Konzentration. Bei bestehenden Gleichgewichtsstörungen oder Schwindelattacken sollte vor der Aufnahme des Koordinationstrainings ein Arzt konsultiert werden. Allen übrigen Radfahrern rät Ulrike Daubermann, die Übungen nicht nach einer schweißtreibenden Ausfahrt durchzuführen. Der optimale Zeitpunkt ist dann, wenn sich Körper und Geist fit und ausgeruht anfühlen.
Beim Training der Koordination werden unterschiedliche Bereiche des Gehirns zur selben Zeit aktiviert. Das hält die grauen Zellen auf lange Sicht leistungsfähig. Ähnliche Effekte lassen sich z.B. durchs Tanzen in einem Tanzkurs erzielen. Für den Einstieg ist es nie zu spät: Unsere mentale Fitness kann in nahezu jedem Alter gestärkt werden.
Variationen sind ein wichtiger Schlüssel zur Verbesserung der Koordination. Deshalb sollten Sie die Ausführung der einzelnen Übungen unseres Programms alle vier Wochen leicht verändern.
Zum Beispiel durch:
>> Augen schließen: Indem Sie Ihrem Körper die optische Kontrolle über seine Lage im Raum verwehren, werden die Übungen ungleich anspruchsvoller.
>> Weiche Unterlage: Stellen Sie sich für die Übungen auf eine weiche Matte oder auf ein mehrmals gefaltetes Handtuch. Ihr Körper muss nun deutlich stärker balancieren als zuvor. Legen Sie Ihre Matte doppelt oder dreifach übereinander, sobald sich der Körper an den Untergrund gewöhnt hat.
>> Balance-Pad*: Der 6 cm dicke Schaumstoff gibt nach und zwingt den Körper permanent, das Gleichgewicht auszubalancieren. Zu kaufen im Sportfachhandel oder im Internet (z. B. von Airex*).
>> Kreisel*: Das Training auf einem Therapie-Kreisel stellt höchste Anforderungen an die Balancefähigkeit; im Fachhandel erhältlich aus Plastik oder Holz, ab ca. 30 Euro.
Übung: Aufrecht stehen und dabei ein Bein anheben und anwinkeln. Um das Gleichgewicht besser zu halten, strecken Sie nach Belieben beide Arme zur Seite; dabei die Schultern von den Ohren weg und nach unten ziehen. Fixieren Sie mit den Augen einen Punkt, der sich nicht bewegt.
Effekt: Verbesserung der Balance.
Ausführung: 20-30 Sekunden halten, dann das Bein abstellen und die Seite wechseln. Drei Wiederholungen auf jeder Seite.
Variante 1: Drehen Sie den Kopf hin und her: von links nach rechts und wieder zurück. Oder: Den Kopf langsam mehrmals heben und senken.
Variante 2: Werfen Sie mit einer Hand einen Tennisball in die Luft und fangen ihn mit derselben Hand wieder auf.
Übung: Auf einem Bein stehen, das andere Bein strecken und mit der Fußspitze vor dem Körper eine Acht in die Luft malen. Um die Übung zu erleichtern, können Sie beide Arme zur Seite strecken bzw. für Ausgleichsbewegungen nutzen. Fixieren Sie mit den Augen einen Punkt, der sich nicht bewegt.
Effekt: Verbesserung der Balance.
Ausführung: 8 Wiederholungen mit einem Bein, dann die Seite wechseln. Auf jeder Seite drei Bewegungssätze.
Variante: Geübte schreiben mit ihrer Fußspitze eine Acht neben dem Körper, dabei liegt ein Kreis seitlich vor dem Standbein, der Schnittpunkt der Acht neben dem Standbein und der zweite Kreis seitlich hinter dem Standbein.
Übung: Auf einem Bein stehen, das andere gestreckt nach hinten bringen; den Oberkörper mit geradem Rücken nach vorne neigen bis er mit dem nach hinten ausgestreckten Bein eine Linie bildet; die Hüfte bleibt dabei gerade. Position kurz halten, Fuß wieder absetzen und das Bein erneut anheben.
Effekt: Verbesserung der intermuskulären Koordination.
Ausführung: Position jeweils 10-12 Sekunden halten; im Wechsel auf jeder Seite drei Mal.
Variante: Arme zur Seite strecken und kleine, schnelle Kreisbewegungen aus der Schulter heraus ausführen.
Übung: Mit leicht geöffneten Beinen stehen, den linken Ellbogen und das rechte Knie vor dem Körper zusammenführen bis sich beide berühren. Dann die Seite wechseln.
Effekt: Verbesserung der Koordination.
Ausführung: 10 Wiederholungen auf jeder Seite.
Variante: Geübte versuchen mit der rechten Hand die linke Ferse zu berühren und umkehrt.
Übung: Stehen Sie aufrecht und strecken Sie beide Arme nach oben in Richtung Decke aus; von dieser Position aus beginnen beide Arme gleichzeitig gegenläufig zu kreisen: der rechte Arm vorwärts und der linke Arm rückwärts. Beide Arme kommen zeitgleich unten an und werden gegenläufig wieder nach oben geführt.
Effekt: Verbesserung der Koordination.
Ausführung: Nach 8 Wiederholungen die Richtung ändern; zwei Mal auf jeder Seite wiederholen.
Übung: Begeben Sie sich in den Vierfüßlerstand, strecken Sie das linke Bein und den rechten Arm aus; Hüfte und Rücken bleiben gerade, die Bauchmuskeln werden angespannt. Diese Position halten.
Effekt: Schulung des Gleichgewichtssinns.
Ausführung: 10-15 Sekunden halten, dann die Seite wechseln; pro Seite fünf Sätze.
Variante: Geübte führen den Ellbogen und das Knie unter dem Körper zusammen bis sich beide berühren, dann wieder öffnen.