Stefanie Weinberger
· 23.05.2023
Fitter werden mit Radfahren. Das Fahrrad – ob mit oder ohne Motor – bringt sich im Frühjahr als Fitnessmaschine Nummer eins in Stellung. MYBIKE klärt, warum das Radfahren schon auf kurzen Strecken die Gesundheit fördert und die Fitness stärkt.
Als erstes fällt einem beim Thema Radfahren ja die Gesundheit ein. Die Vorteile für Körper und Seele sind unbestritten – doch darüber hinaus profitieren auch die Umwelt und sogar die gesamte Gesellschaft. Was viele dabei gar nicht wissen: Es ist nicht nötig, auf zwei Rädern gleich die Alpen zu überqueren, einen Radmarathon zu absolvieren oder wie ein Tour-de-France-Profi den Mont Ventoux zu bezwingen.
Sie müssen also nicht fahren, bis Sie aus dem Sattel kippen. Studien zufolge genügen bereits kurze Strecken, um einen Effekt zu erzielen. Dafür aber möglichst regelmäßig und nicht nur als reiner Schönwetterfahrer.
Angesichts steigender Benzinpreise und verstopfter Innenstädte liegt es da doch nahe, gleich den täglichen Arbeitsweg zum Radfahren zu nutzen. Das wirkt sich nicht nur auf die Fitness und Gesundheit aus, sondern baut, gut dosiert und im unangestrengten Tempo, auch Stress und mentalen Druck im Kopf ab.
Auf dem Rad als Fortbewegungsmittel lässt sich also das Angenehme mit dem Nützlichen so optimal verbinden wie bei keiner anderen Alltags-Sportart. Doch an sich braucht es solche politischen oder pragmatischen Gründe nicht einmal, wenn man allein schon den gesundheitlichen Gewinn betrachtet. So gilt Radfahren als die Ausdauersportart schlechthin – meist in einem Atemzug genannt mit (Nordic) Walking, Schwimmen, Joggen, Tanzen oder Training auf aeroben Geräten im Fitness-Studio, wie etwa Cross-Steppern.
Wer unter orthopädischen Beeinträchtigungen wie zum Beispiel Gelenkverschleiß in Knien oder Hüfte leidet, hat noch mehr Argumente für den muskelbetriebenen Zweiradsport auf seiner Seite: Denn dadurch, dass ein großer Teil des Gewichts im Sattel ruht und nicht wie zum Beispiel beim Joggen bei jedem Schritt auf- und abbewegt werden muss, ist die Gelenkbelastung hier deutlich geringer.
Auch die geführte Kreisbewegung der Beine schont die Gelenke. Noch kleiner wird ihre Last, wenn man leichte Gänge wählt und keine steilen Berge hochfährt – oder sich elektrisch unterstützen lässt. Und auch dafür muss niemand viel Zeit investieren: Bereits ab einer Fahrdauer von etwa zehn Minuten kommt der Gelenkstoffwechsel zum Beispiel in den Knien in Gang, und die Knorpel werden besser mit Nährstoffen versorgt.
In zehn Minuten kommen auch Herz und Kreislauf bereits merklich auf Trab. Bedenkt man, dass es sich bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Herzinfarkt, Schlaganfall, Bluthochdruck, Verkalkung der Herzkranzgefäße und verschiedenen Folgen davon in den Industrieländern mit etwa 40 Prozent um die häufigsten Todesursachen handelt, wiegt das Argument des guten Ausdauertrainings umso schwerer. Doch warum ist das Radeln so gut für die Ausdauer? Und was bringt es noch für die Gesundheit und Fitness?
Der Motor des Radlers ist – ganz klar – das Herz. Auch schon bei eher moderatem Tempo von 15 bis 20 Kilometern pro Stunde überschreitet die Herzfrequenz dabei häufig die trainingsrelevante Schwelle von – je nach Trainingszustand – um die hundert Schläge pro Minute. Durch regelmäßiges Biken arbeitet der Herzmuskel effizienter, er wird kräftiger, und das Herzminutenvolumen steigt – das heißt, pro Minute wird mehr Blut durch den Körper gepumpt.
Die Weltgesundheitsorganisation betrachtet ein gesamtes moderates Bewegungspensum von mindestens 150 bis 300 Minuten pro Woche als ideal, das hieße zum Beispiel mindestens an fünf Tagen der Woche eine halbe bis eine Stunde. Oder die Hälfte der Zeit mit intensiver Belastung. Mit dem Pedal-Weg zur Arbeit oder zum Einkaufen dürfte sich insofern geradezu optimal das Angenehme mit dem Nützlichen verbinden lassen.
Besonders gut fürs Herz beim Radfahren: Durch die Wahl des passenden Gangs und Terrains lässt sich die Belastung ziemlich gut steuern. Oder eventuell auch noch mithilfe der Zusatzkraft auf dem E-Bike: Sie macht es sogar Herzpatienten nach Infarkt oder Operation möglich, ohne Angst vor Überforderung und Stress in Gruppen mit Gesunden mitzuradeln oder sich nach und nach an längere Touren heranzuwagen. Messen sie dann auch noch Watt- und Pulswerte, lässt sich noch genauer justieren, wie stark das Herz beansprucht wird. Sogar regelrechter Reha-Sport ist so auf dem (E-)Bike möglich, bei dem zum Beispiel bestimmte Herzfrequenzen nicht überschritten werden.
Die zweitwichtigste Zutat für ausdauerndes Rollen ist Luft – ob in der Lunge oder im Reifen: tief einatmen, fest ins Pedal treten, dabei spüren, wie die Luft jedes Lungenbläschen erreicht, ausatmen. Das trainiert die Atemmuskeln, flutet den gesamten Körper mit Sauerstoff und kann sogar gegen Asthma helfen. Ebenso wie das Herzvolumen steigert Radfahren auch die Lungenkapazität und die Effizienz des Sauerstofftransports.
Noch besser funktioniert das, wenn Sie gleichmäßig atmen: bei niedriger Belastung so lange es geht durch die Nase – wegen der Filterwirkung –, ansonsten durch den Mund.
>> Tipp: je aufrechter die Haltung auf dem Rad und je breiter man den Lenker greift, umso freier die Atmung.
Für viele das schlagende Argument, sich überhaupt zu bewegen: Gewichtsabnahme. Zwar zählt Radfahren in puncto Kalorienverbrauch nicht zu den Spitzenreitern. Gegenüber stärker kalorienkillenden Sportarten wie Joggen hat die Aktivität auf dem Rad jedoch den Vorteil, dass auch weniger Trainierte länger durchhalten. Denn es ist insgesamt nicht so anstrengend, und die Abwechslung auf der Strecke tut ihr Übriges.
Wer also mit Spaß abnehmen möchte, sollte gar nicht so sehr Kilometer und Kalorien zählen, sondern versuchen, möglichst lange im Sattel zu sitzen. Leichter geht’s außerdem, wenn man moderat im Pulsbereich mit dem höchsten (relativen) Fettverbrennungsanteil unterwegs ist – allgemein gelten etwa 60 bis 70 Prozent des Maximalpulses als günstig. Zusätzlich fördert das Radfahren den Muskelaufbau, vor allem in den Beinen. Das trägt nicht nur zu einer attraktiveren Figur und besseren Körperzusammensetzung bei, sondern mehr Muskeln erhöhen auch den Grundumsatz in Ruhe – ebenfalls ein Beitrag zum Abnehmen oder Gewichthalten.
Mit den Pfunden nicht gleich wieder nach oben geht es auch, weil der gesamte Stoffwechsel profitiert: Die Körperzellen reagieren besser auf Insulin, sodass Radfahren eine gute Maßnahme zur Vorbeugung von Diabetes Typ 2 (im Lauf des Lebens erworbene Zuckerkrankheit) ist. Dabei spielt die Dauer eine Rolle: Je länger man radelt, umso besser. Günstig ist hier mindestens eine halbe Stunde.
Doch Ausdauer und Stoffwechsel sind nicht das Einzige, was sich beim regelmäßigen Radfahren verbessert: Es schult auch noch die Koordination und Reaktionsfähigkeit – wenngleich es in dieser Disziplin ebenfalls nicht an der Spitze der Sportarten steht. Mal geht’s stramm bergauf, mal kurvig bergab, erst auf Schotterwegen, dann auf der Straße. Das alles beschäftigt den Kopf und trainiert die Abstimmung von Bewegungsabläufen, die Koordination.
Das Immunsystem profitiert auch von der emotionalen und geistigen Entspannung, die das Gleiten durch – am besten grüne – Landschaften bietet. Wer ist nicht schon beim gleichmäßigen Dahinrollen auf andere Gedanken oder neue Ideen gekommen und konnte Stress verarbeiten? Ist doch viel besser, als im Stau zu stehen oder einen Parkplatz zu suchen …
Fazit: Radfahrer sind ausdauernder, entspannter und fitter in allen Lebenslagen. Dazu bekommen sie seltener Krebs, Herzinfarkt, Diabetes oder andere Volkskrankheiten. Überdies tun sie nicht nur sich, sondern auch der Umwelt und Gesellschaft etwas Gutes. Welche weiteren Gründe bräuchte es denn noch, um sich sofort mit dem Bike auf den Weg in die Arbeit oder ins Grüne zu machen?
Eine Stunde radeln im eher unangestrengten Tempo von 15 bis 20 km/h kann rund 300 bis 400 Kilokalorien verbrennen - abhängig etwa von Gewicht, Alter oder Trainingszustand.