Jörg Spaniol
· 19.12.2022
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Nasse und kalte Füße machen auf Dauer krank, bespritzte Schuhe versauen das Büro-Outfit. MYBIKE hat sechs bewährte Gegenmittel. Von Alltag bis Expedition, von billig bis teuer.
Der Körper macht das schon ganz clever: Um seine 37 Grad Betriebstemperatur im Kern zu erhalten, drosselt er unter etwa 15 Grad Außentemperatur allmählich die Durchblutung der Haut und aller nicht direkt lebenswichtigen Organe. Die Füße gehören zu den ersten Opfern der Sparmaßnahmen. Und beim Radfahren kommt erschwerend hinzu: Fahrtwind und Spritzwasser tragen massiv zur Abkühlung bei. Die auf Pedelecs meist verringerte körperliche Heizleistung steigert die Fußkälte zusätzlich. Eine Kombination, die den Radlerfuß zur thermischen Problemzone macht.
Zum Glück hält der körperliche Kälteschutz die Hirnfunktion sehr, sehr lange aufrecht, und so haben fußkalte Radler in den vergangenen Jahrzehnten viele Dinge ausprobiert und ersonnen, die das Radfahren auch im kalten Halbjahr oder bei längeren Regenfahrten erleichtern.
Die Lösungen lassen sich in drei Kategorien einteilen: Da sind zuerst die Spezialsocken*. Wer je auf einer Radreise seine bestrumpften Füße mit Plastiktüten umhüllt in die Schuhe gesteckt hat, kennt die immerhin rudimentäre Schutzwirkung. Auch wenn auf Dauer das Wasser von oben in Schuh und Tüte läuft, ist es wenigstens warmes Wasser, und der Fahrtwind pfeift nicht durch. Halb so schlimm also, je nach Reiseziel, denn das eigentliche Problem sind ja nicht nasse Füße, sondern die hohe Wärmeleitfähigkeit des Wassers und die Verdunstungskälte.
Wasserdichte Socken oder Neoprensocken machen diesen Job besser. Sie sind mit Preisen ab zehn Euro vor allem auf Reisen einen Versuch wert. Gegenüber der zweiten Produktgruppe, den Überschuhen, haben sie den entscheidenden Vorteil, dass sie beim Gehen wenig stören und lange halten.
Überschuhe* sind die bessere Wahl, wenn das Gehen unterwegs keine große Rolle spielt. Unter ihnen bleiben die Rad- oder Zivilschuhe weitgehend sauber, trocken und damit warm. Fast alle Überschuhe sind etwas umständlich anzuziehen und versagen spätestens auf Schiebestrecken in Schnee und grobem Gelände. Es gibt sie in einer ganzen Reihe von Varianten, deren Eigenschaften unterschiedliche Schwerpunkte setzen.
Die dritte Kategorie sind spezielle Schuhe* für schlechtes Wetter. Üblicherweise machen dampfdurchlässige Membranen sie wasserdicht. Solche Schuhe verbinden zumindest theoretisch die Vorteile der beiden anderen Kategorien: trockene, warme Füße und die Möglichkeit, ein paar Meter oder gar Kilometer in ihnen zu gehen.
Für unseren Überblick haben wir empfehlenswerte Beispiele jeder Kategorie ausgewählt, also bewährte oder gut konstruierte Exemplare. Zu allen gibt es Alternativen – und je mehr Menschen auch bei Sauwetter radeln, desto mehr dürften es werden.
Neoprensocken sind nicht für Radler gemacht, sondern für Taucher oder Surfer. Das Material selbst, ein aufgeschäumter synthetischer Kautschuk, ist in der Fläche wasserdicht. Mit verklebten Nähten lassen sich daher komplett wasserdichte Kleidungsstücke herstellen. Doch Neoprensocken sind nicht wasserdicht, denn in ihren üblichen Anwendungsgebieten sind sie ohnehin unter Wasser. Ihr Nutzen für Radler ist die Isolierwirkung auch nassen Neoprens durch die Gasbläschen im Schaumstoff. Für die Stärke der Isolation ist die Materialdicke entscheidend. In Radschuhe passen aufgrund des Volumens meist nur zwei, ohne Innensohlen auch drei Millimeter starke Tauchersocken. Als Radsocke sollten sie keine griffige Gummisohle haben, sonst lässt sich der Schuh kaum anziehen.
MYBIKE hat die zwei Millimeter Decathlon Diving Socks getestet. Ihre Isolationswirkung ähnelt derjenigen der Sealskinz-Socken, doch beim Tragekomfort kann Neopren nicht mithalten. Bei Kälte und wenig Fußschweiß sind sie zwar ganztägig tragbar, doch insgesamt eher als Rückversicherung auf Reisen denn als Dauerlösung geeignet. Mit ihrem günstigen Preis und weniger als 100 Gramm Gewicht können sie bei gelegentlichem Einsatz glänzen.
Wasserdichte Socken sind im Winter ein schwieriges Produkt, denn Socken sind normalerweise die hautnächste Schicht. Dadurch wirkt ihr Wind- und Wetterschutz erst, wenn alle Lagen darüber schon nass und kalt sind. Die Versuche eines großen Membranherstellers, solche Socken aus robustem Regenjacken-Material herzustellen, waren entsprechend wenig erfolgreich – zumal Wasser von oben hineinlaufen konnte, ohne wieder abzufließen, und die geringe Elastizität den Gehkomfort einschränkte.
Der britische Hersteller Sealskinz bietet dagegen seit mehr als 15 Jahren wasserdichte, isolierende Socken an. Eine elastische Membran sitzt zwischen einem Kunstfasergestrick auf der Außenseite und (bei unseren Socken) einer Innenseite aus Merinowolle. Schon die „dünne“ Variante im Test trägt so dick auf wie eine leichte Skisocke, für die dickeren Modelle muss die Innensohle des Schuhs weichen. Zwar lässt die Isolation mit nassen Schuhen und nasser Socken-Außenseite deutlich nach, doch gefühlt erweitern schon die dünnen Varianten den Komfortbereich um fünf bis zehn Grad. Sie bleiben auch innen lange trocken.
Regenüberschuhe sind praktisch nie zum Herumlaufen gemacht. Dafür sind sie wirklich dicht, solange das Wasser nicht von unten kommt. Im günstigen Fall sind sie dabei so geräumig, dass Alltagsschuhe darunterpassen. Ihre Isolierwirkung ist bescheiden. Für lange Strecken sind deshalb wasserdichte Neoprenmodelle sinnvoll, doch im Alltagseinsatz oder als Rückversicherung auf Reisen überzeugen die kleiner packbaren Modelle aus wasserdicht beschichtetem Gewebe.
Bei den hier ausgewählten, fast kniehohen Regenüberschuhen hat Vaude vieles sehr gut gemacht. Weil selbst lange Schutzbleche Hosenbeine und Schuhe nicht komplett vor Spritzwasser schützen können, ist diese Länge eine Empfehlung für Pendler. Das Anziehen mag mit Reißverschlüssen einfacher sein als mit Klettbändern wie hier – aber nur, solange die Reißverschlüsse neu und sauber sind. Ausgezogen sind die Klett-Gamaschen in Sekunden. Dann sieht im Büro niemand mehr, dass der Arbeitsweg per Rad durch den Schneematsch führte.
Neoprenüberschuhe sind ein Klassiker im Straßenradsport. Viele Rennradler besitzen keine Winter-Radschuhe, sondern behelfen sich mit dicken, wasserdichten Überschuhen (oder ziehen beides übereinander). Doch Rennrad-Überschuhe sind für extrem schmale Schuhe mit Bindungsplatten gemacht. Sie haben nur ein kleines Loch in der Sohle und zerfetzen beim Gehen schnell.
Nur wenige Modelle sind für Tourenpedale geeignet. Eines davon kommt von Endura. Die Überschuhe haben eine robuste Gummisohle mit großen Ausschnitten und sind etwas weiter geschnitten als Modelle für Rennschuhe. Ihr Obermaterial ist 2,5 Millimeter stark und wasserdicht abgeklebt, der vordere Schuhbereich ist verstärkt. Wir hatten Probleme, die Überschuhe mit Straßenschuhen der angegebenen Größe anzuziehen. Sie eignen sich eher für Sneaker als für Schuhe mit Absätzen und dicker Sohle. Auf längeren Schiebestrecken im Schnee presst der Schnee nach innen, die Spitze der Überschuhe kann dann von der Schuhkappe rutschen. Doch wenn der Schuh zum Überschuh passt und nur Matsch und Kälte abzuwehren sind, verdienen die robusten Überzieher eine Empfehlung.
Die Idee, bei winterlichen Verhältnissen einfach mit einem wasserdichten Wanderschuh zu radeln, ist naheliegend. Ein guter Wanderschuh kommt mit Schneematsch klar und trägt sich angenehm. Etwas dickere Socken verbessern die Isolation. Ein paar Kompromisse erfordern die meisten Trekkingstiefel dennoch: Viele sind relativ breit, sodass der Schuh beim Treten an Kurbel und Rahmen anstoßen oder zu etwas breitbeiniger Tretweise zwingen kann. Außerdem sind die Schäfte der knöchelhohen Modelle oft unnötig steif.
Unser Positivbeispiel von Salewa ist insgesamt schmal konstruiert und mit einem Paargewicht von weniger als einem Kilo (Größe 42) sehr leicht. Eine dünne Versteifungsplatte im Vorderfuß verteilt den Pedaldruck, das Goretex-Futter hält Wasser draußen. Die elastische Manschette am Schaft ist nicht wasserdicht, aber sehr beweglich und hindert in Schiebepassagen etwaigen Schnee am Eindringen. Sehr warm ist der Wildfire nicht, doch insgesamt ein Bergschuh mit ungewöhnlich guten Winter-Radqualitäten. Auf Schiebestrecken ist er ohnehin ungeschlagen.
Wasserdichte, isolierte Radschuhe sind die Profi-Lösung für Klickpedalfahrer. Sie halten lange Schiebestrecken aus, sind im günstigen Fall leicht an- und auszuziehen sowie ein wenig dampfdurchlässig – wobei man angesichts des soliden Obermaterials keine Wunder erwarten sollte. Nur eine gute Handvoll Hersteller bietet solche Schuhe für Rennradler und Mountainbiker an, sie kosten fast immer mehr als 200 Euro.
Das ausgewählte Shimano-Modell ist über die Jahre immer weiter verfeinert worden und definitiv einer der besten Klickpedal-Winterschuhe. Durch den Boa-Drehverschluss lässt sich der Sitz unterwegs einfach nachjustieren, der Wasserschutz ist bis zum Knöchel sehr gut, die Sohle griffig und beweglich genug zum Gehen. In der aktuellen Version fällt der renovierte Klassiker so voluminös aus, dass dicke Socken einkalkuliert sind. Goretex-Futter und eine etwas wärmere Einlegesohle qualifizieren ihn auch für längere Fahrten an der Frostgrenze. Der Reflex-Print ist nicht der hellste, doch er trägt zum breiten Einsatzbereich von Alltag bis Reise bei.