Marianne Quelle
· 27.10.2021
Das Merida eSpresso 700 EQ Lady ist ein auf Komfort getrimmtes Damen-Pedelec. Während 2.300 Alltags-Kilometern hat unsere Online-Kollegin dem Rad auf den Zahn gefühlt.
Eigentlich hätte ich mir zum Beginn unserer Beziehung eher ein Lächeln erhofft. Doch das Verhältnis zwischen dem Merida eSpresso 700 EQ Lady und mir begann mit einer kryptischen Fehlermeldung: „W013“ sagte mir das Display und weigerte sich, den Motor zu starten. Was gegen „W013“ zu tun war, zeigte weder das Display noch die Bedienungsanleitung. Erst in den Tiefen der Shimano-Website fand sich ein Hinweis: Offensichtlich hatte das System die „Initialisierung des Drehmomentsensors nicht erfolgreich abgeschlossen“.
Dafür muss der Fuß vom Pedal genommen und die Kurbel entlastet sowie das System aus- und nach etwa 30 Sekunden wieder eingeschaltet werden. Kein Problem – was tut man nicht alles für ein harmonisches Miteinander! Der etwas zickige Wunsch nach „Initialisierung des Drehmomentsensors“ erreichte mich auf den kommen-den gut 2.000 Testkilometern immer mal wieder. Doch ich habe gelernt, zu verzeihen, denn sonst kamen wir prima miteinander aus: Meridas E-Ross ist ein gutmütiger Begleiter. Ich nutzte das Rad vor allem für Fahrten zum Reitstall, zu beruflichen Terminen oder für kleinere Radtouren. Sitzposition und Fahrkomfort sind durchweg angenehm.
Weder wellige Radwege noch Bordsteinkanten leiten grobe Schläge bis in den Sattel oder den Lenker. Das Merida rollt sehr fahrstabil, und bergab fühlte ich mich selbst bei 50 Stundenkilometern noch sicher – auch ein Verdienst der hydraulischen Scheibenbremsen und der für Frauenhände passenden Bremshebel und Lenkergriffe. Die breiten Conti-Reifen fühlten sich auf Asphalt souverän an. Auf feuchter Erde oder Schotter fehlt ihnen für meinen Geschmack etwas Profil. Die Schaltung erwies sich als ganz neue Erfahrung: Passend zur Komfort-Ausrichtung hat Merida eine automatische Fünfgangnabe von Shimano eingebaut.
Den vollautomatischen Fahrmodus fand ich zunächst ziemlich irritierend. Er orientiert sich an der Tretgeschwindigkeit und schaltete bei jedem Ampelstopp in den ersten Gang. Ein etwas nerviges Gestrampel – bis ich herausfand, dass man den kleinsten Anfahrgang auch selbst definieren kann. Ich habe dann den dritten Gang zum Anfahren eingestellt. Alternativ lassen sich die fünf Gänge auch bequem manuell per Taster schalten.
Uli Frieß, MYBIKE-Technikredakteur:
Anlauf- und Sensorprobleme von Pedelec-Antrieben kann der Fachhändler meist mit einem Update beheben. Unzureichende Gummi-Schutzkappen von Ladebuchsen sind ein markenübergreifendes Ärgernis. Die Hersteller verbauen deshalb zunehmend stabilere Kunststoff-Deckel. Highlight am Merida ist die elektromechanische Automatiknabe. Sie überstand die Testdistanz tadellos.
Schlank bergauf
Das Merida war mein erstes E-Bike. Und es ist eines, mit dem ich mich aufgrund der schlanken Bauweise auch optisch gut anfreunden konnte. Dass es ein Pedelec ist, verrät einem Überholten wohl zuerst der Sound: Der Motor summt hörbar. Bei Bergfahrten wählte ich grundsätzlich die höchste Unterstützungsstufe – eine feine Sache, denn der vielleicht schönste Aussichtsberg in unserer Gegend ist ohne Motor eine Plackerei. Im Flachen lässt sich das Merida auch ohne Motorunterstützung widerstandsarm fahren, und schieben musste ich das knapp 26 Kilo schwere Rad selten.
War es dennoch nötig, half die Schiebetaste des Antriebs. Am Ende unserer Beziehung auf Zeit hatte ich mich längst an die kleine Macke der Elektronik gewöhnt, als ein Stückchen Mechanik schlappmachte. Den Akku habe ich, ohne ihn zu entnehmen, immer über die integrierte Ladebuchse aufgeladen. Deren Schutzkappe ließ sich zuerst nicht mehr schließen, nach rund 1.700 Kilometern riss sie ab. Seitdem schützt ein wasserfestes Klebeband die Buchse vor Schmutz und Nässe. Wir haben uns trotzdem in aller Freundschaft getrennt.
Den vollständigen Testbericht vom Merida eSpresso 700 EQ Lady lesen sie in MYBIKE 4/2021.