Uli Frieß
· 10.01.2022
Leicht, stylish und schnell – eine Rezeptur, die City-E-Bikes unwiderstehlich macht. Hat Meridas eSpeeder 400 EQ die passenden Zutaten?
Manchmal liegt die Kunst im Weglassen. Pedelecs für den kurzen, flotten Ritt im urbanen Umfeld brauchen weder große und schwere Akkus noch kraftstrotzende Motoren. Leichte E-Bikes kommen mit deutlich weniger Power fast genauso schnell auf Touren wie schwere, auf Reichweite und Komfort getrimmte Tourer mit Highpower-Antrieben. Leichte E-Bikes fahren sich spritziger und lassen sich auch ohne regelmäßiges Hanteltraining in den Fahrradkeller tragen. Kleine Nabenmotoren und Akkus machen die Pedelecs nicht nur handlicher, sondern auch preiswerter. Und weil die schlanken Energiespender in filigrane Rahmenrohre passen, sieht man den Rädern den E-Bike-Antrieb kaum an.
Das Merida eSpeeder 400 EQ ist ein typischer Vertreter dieser Klasse. Sein sehr schlanker 250-Wh-Akku passt ins nur mäßig voluminöse Unterrohr, sein Mini-Nabenmotor könnte auch als Getriebenabe durchgehen. Mit 15,7 Kilo ist das eSpeeder für ein E-Bike schon beinahe extrem leicht. Nicht nur die Antriebskomponenten sind leicht: Um dem Rahmen trotz Leichtbau möglichst viel Stabilität mitzugeben, haben die Alu-Rahmenrohre differenzierte Durchmesser und sind bis zu dreifach konifiziert. Der Rahmen ist glänzend verarbeitet, im Smooth-Welding-Verfahren veredelte Schweißnähte schmeicheln dem Auge. Sämtliche Kabel und Züge verlaufen, soweit möglich, vom Vorbau bis zu den Kettenstreben in den Rahmenrohren. Hinzu kommt eine Vollcarbongabel mit konischem Schaft und Steckachse, sie verstärkt den Rahmenverbund zusätzlich.
Auch die übrige Ausrüstung hilft, das Gewicht des eSpeeder niedrig zu halten. Dazu gehören eine kleine, aber leuchtstarke Lezyne-Lichtanlage und ein leichter Gepäckträger. Die Laufräder mit 40 Millimeter breiten Reifen sind ein guter Kompromiss zwischen annehmbarem Komfort einerseits und Gewichtsersparnis andererseits. Bremsen und Deore-Schaltwerk stammen aus Shimanos Mittelklasse-Baukasten. Die Übersetzungsbandbreite der Zehnfach-Schaltung reicht für den Einsatz im überwiegend städtischen Umfeld locker aus. Schutzbleche mit Spritzschutz-Verlängerungen aus Kunststoff schützen die Füße vor Schmutz und Nässe.
Eine Gewichts-Sparmaßnahme spürt man unterwegs jedoch sofort: Das Bike hat keine Federelemente. Trotz nur gemäßigt sportlicher Sitzposition fährt sich das eSpeeder deshalb nicht sehr komfortabel. Selbst die lange Carbonsattelstütze und die für die Radklasse voluminösen Reifen ändern daran wenig. Der gerade Lenker unterstreicht zwar den sportlichen Auftritt und sorgt für gute Kontrolle sowie präzises Steuerverhalten, den Fahrkomfort verbessert aber auch er nicht. Dafür rollt das Merida trotz leicht hecklastiger Gewichtsverteilung sehr agil und sicher.
Die guten Fahrrad-Eigenschaften ergänzt der passende Motor. Der Mahle-X35-Nabenmotor überzeugt mit berechenbarer Kraftentfaltung. Er reagiert sensibel und prompt auf den Pedaldruck und schaltet nur leicht verzögert ab, wenn man aufhört zu treten. Obwohl – oder gerade weil – er nicht zu den potentesten Vertretern seiner Klasse gehört, passt er prima zum spritzigen Merida, denn das will schließlich sportlich bewegt werden. Als minimalistisches Bedieninstrument dient ein einfacher Druckknopf am Oberrohr. Er erweckt den Antrieb zum Leben und wechselt die Unterstützungsstufen. Je nach Akkuladestand und Unterstützungsstufe leuchtet er in verschiedenen Farben. Eine Smartphone-App erweitert die Bedienungsmöglichkeiten.
Nachteil des Antriebssystems: Der Akku lässt sich nicht ohne Werkzeug aus dem Rahmen nehmen. Unterhalb von etwa fünf Grad Celsius sollte das Rad deshalb zum Laden des Energiespenders an einem warmen Ort abgestellt werden.
Das Merida eSpeeder 400 ist ein stylisch reduziertes City-E-Bike für sportlich orientierte Fahrer. Es ist vorbildlich verarbeitet, leicht und orientiert sich an der Optik nicht motorisierter Fahrräder.
Der Preis des E-Bikes von Merida liegt bei 2.749 Euro.