Uli Frieß
· 22.10.2022
Kompakt-Pedelecs sind eine sinnvolle Alternative zum Alltagsrad. Tern hat das Quick Haul zu einem praktischen Lastenrad und Kindertransporter aufgerüstet.
Kompakt-Pedelecs sind die neuen Miniräder für den täglichen Trip durch die Stadt. Ihre vom Klapprad bekannten 20-Zoll Räder stehen längst nicht mehr für wackelige Fahreigenschaften: Die kleinen Rahmen der nicht faltbaren Kompakten sind supersteif, und auch die Laufräder sind wegen des geringen Durchmessers statisch sehr stabil. Kleine Alltags-Pedelecs wie das Tern Quick Haul lassen sich platzsparend abstellen und sind trotz Universalrahmen von unterschiedlich großen Fahrerinnen und Fahrern nutzbar.
Die Kompakträder vertragen klaglos hohe Zuladungen. Ihr zulässiges Gesamtgewicht kann ohne bedeutende Verstärkungen recht hoch gewählt werden. Beim Tern Quick Haul hat der Hersteller diese Eigenheiten genutzt und einen Minitransporter mit verlängertem Gepäckträger hinten und einem robusten, rahmenfesten Gepäckträger vorne konstruiert. Wegen des langen Hinterbaus ist der Radstand des Tern zwar ähnlich lang wie der eines 28-Zoll-Rads, doch wegen seiner 20-Zoll-Laufräder ist die Gesamtlänge geringfügig kürzer. Beim Rangieren ist es so sehr handlich.
Auf dem langen Grundträger lässt sich diverses Zubehör wie Kindersitze in verschiedenen Ausführungen, Körbe, Packtaschen oder eine Ladefläche mit Metallrahmen befestigen – bei unserem Testrad war ein Kindersitz montiert. Der hintere Träger verträgt nach Herstellerangaben bis zu 50 Kilo Last, auf dem vorderen lassen sich bis zu 20 Kilo verstauen.
Im Praxistest haben wir mit verschiedenen Zuladungen experimentiert. Wegen der kleinen Laufräder und des niedrig angeordneten Akkus liegt der Schwerpunkt des Tern Quick Haul tief und zentral. Das Pedelec läuft deshalb ohne Zuladung sehr stabil und benötigt trotz des vergleichsweise langen Radstands nur geringe Steuerimpulse. Es lenkt sich spielerisch und gut kontrollierbar, auch kleine Radien sind ohne Einklapptendenz des Lenkers möglich. Fünf Kilo Gepäck auf dem vorderen Träger haben keinen spürbaren Einfluss aufs Fahrverhalten. Mit den maximal erlaubten 20 Kilo auf dem rahmenfesten Frontträger steuert sich das Tern etwas weniger präzise, bleibt aber gut kontrollierbar. Bloß auf dem Seitenständer lässt es sich dann nicht mehr sicher abstellen, es neigt zum Kippen. Wir empfehlen deshalb, den vorderen Träger mit maximal 15 Kilo zu belasten.
Deutlich empfindlicher reagiert das Tern Quick Haul auf Gepäck auf dem hinteren Gepäckträger. Dort führen schon 23 statt der erlaubten 50 Kilo zu einem spürbar unruhigeren und unpräziseren Lenkverhalten. Erhöht man das Gewicht auf 43 Kilo, will das Rad kleine Kurvenradien noch enger ziehen. Das ist unkritisch, kann anfänglich aber überraschen. Bleiben die Lenkausschläge im üblichen Bereich, lässt sich das Tern einfach und kontrolliert steuern. Hohe Zuladung in seitlich angebrachten Packtaschen beeinflusst das Fahrverhalten wegen des tieferen Schwerpunkts deutlich weniger als unsere zunächst oben auf der „Sitzbank“ platzierte Testlast.
Uli Frieß, Testredakteur: „Das Quick Haul ist ein praktisches und robustes Alltags- und Familienrad mit ansprechendem Transportpotenzial. Das kompakte Rad rollt stabil und fahrsicher, viel Gewicht auf dem hinteren Träger erfordert etwas Gewöhnung.“
Im Fahrtest haben wir auch den Antrieb des Tern Quick Haul bis fast zur zulässigen Grenze von 150 Kilo Systemgewicht belastet. Mit seinen 65 Nm maximalem Drehmoment kommt der Bosch-Performance-Motor gut mit dem hohen Gewicht zurecht. Der Antrieb reagiert feinfühlig auf den Pedaldruck und läuft beinahe unhörbar. Alternativ gäbe es das E-Bike mit dem etwas drehmomentschwächeren Bosch Active Line, doch bei hoher Zuladung ist die stärkere Performance-Variante besser. Gut schlägt sich auch Shimanos für Pedelecs entwickelte Nexus-5-E-Getriebenabe. Sie wechselt ihre fünf Gänge auch unter relativ hohem Kettenzug exakt und benötigt nur sehr wenig Wartung. Ausrüstung und Verarbeitung des Quick Haul liegen insgesamt auf hohem Niveau.
Das Tern wird in nur einer Rahmengröße angeboten. Lange Sattelstützenauszüge und der spielfrei höhenverstellbare Speedlifter-Vorbau sollen es für Körpergrößen zwischen 160 und 195 Zentimetern passend machen. Große sitzen sehr aufrecht. Dass die Ergonomie nicht für alle Fahrergrößen perfekt passt, ist jedoch im Kurzstreckenverkehr zu verschmerzen. Auch dass der Minitransporter aufgrund der kleinen Räder und des steifen Rahmens kein Komfortwunder ist, gehört zu den nötigen Kompromissen bei einem solch vielseitigen Mischwesen zwischen handlichem Lastenrad und urbanem Alltagsflitzer. Seine Verstellbarkeit macht es zum perfekten Familienrad. Dass es kein reines Lastenrad ist, zeigt sich jedoch im etwas gewöhnungsbedürftigen Lenkverhalten bei ausgereizter Nutzlast.
Weitere Informationen zum Pedelec finden Sie unter www.ternbicycles.com