Jochen Donner
· 28.01.2022
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Von Decathlon kommt unser Überraschungsgast: Das Elops LD900 kostet mit knapp 710 Euro nicht einmal die Hälfte vieler Mitbewerber. Kann so etwas gutgehen?
So richtig französisch-elegant klingt der Markenname „Elops“ nicht gerade. Wie er zustande kam, ist uns nicht bekannt, doch Decathlon verfolgt konsequent die Linie, für alle Sportartikel eigene Marken- und Modellnamen zu entwickeln. Auch die Rahmen, Starrgabeln und viele weitere Komponenten der Fahrräder und E-Bikes, die Decathlon im Programm hat, entstehen in eigens beauftragten Zulieferer-Fabriken und sind nirgendwo anders im Handel zu bekommen. So kann die zuletzt in Deutschland stark expandierende Discounter-Kette die Vergleichbarkeit mit Produkten der Mitbewerber weitgehend vermeiden. Allerdings bedeutet das auch, dass Informationen über Material, Bestandteile, Fertigungsprozesse, Lieferwege und Qualitäten beispielsweise der Fahrradkomponenten im Dunkeln bleiben. Nicht einmal Brancheninsider können derartige Teile zuverlässig einschätzen. Eigene Großmärkte, ein riesiges Sortiment quer durch alle möglichen Sportarten und hart kalkulierte Verkaufspreise, meist deutlich unter dem Niveau sämtlicher Mitbewerber, verschaffen Decathlon eine klare Einzelstellung. Auch wenn Fahrräder nicht der Schwerpunkt des Sortiments sind, entsteht der Eindruck: Die können einfach alles. Und zwar günstig.
Das Elops LD900* ist das hochwertigere von zwei alltagstauglich ausgestatteten Allround-Modellen mit Alu-Rahmen und -Gabel, Kettenschaltung, Scheibenbremsen, Dynamo-Licht. Die Lettern LD lassen sich mit „Long Distance“ übersetzen, im Firmentext ist ebenfalls davon die Rede, dass die Räder für Vielfahrer und Ganzjahres-Pendler gedacht sind.
Beim ersten Aufsteigen wird klar, dass die Werbeversprechen nicht aus der Luft gegriffen sind: Man sitzt angenehm entspannt, aber brauchbar sportlich auf dem LD900. In Größe M steht der schlanke, straff gepolsterte Sattel etwas über Lenker-Niveau, die Hände liegen locker am nicht zu breiten Lenker auf konturierten Griffen in stimmiger Kork-Optik. Zwischen Steuerrohr und Gabelschulter findet sich ein Gummibalg, der eine Schaftfederung mit 30 Millimeter Federweg verbirgt. Die ist nicht weiter einstellbar, reagiert aber auf stärkere Stöße, wie an Bordsteinen oder Schlaglöchern, nachgiebig. Das LD900 fühlt sich in allen Fahrsituationen stabil, sicher und vertrauenswürdig an. Die Lenkung ist ausgewogen, das Rad lässt sich präzise steuern. Die Solidität und Seitensteifigkeit des Alu-Rahmens sind hoch – erstaunlich angesichts der geringen Stützbreiten an den Fügestellen und schlanker Rohrdurchmesser. Trotz der mutmaßlich hohen Wandstärken sind es aber keine primitiven „Wasserleitungsrohre“: Das Rad bleibt mit rund 14 Kilo Gesamtgewicht respektabel leicht. Mit Gepäcktaschen-Volllast (22 Kilo in zwei Packtaschen) geriet das Rad nicht aus der Fassung; empfehlenswert wären bis zwölf Kilo Gepäck.
Manche Details sind überdurchschnittlich. So sind die meisten Rohrknoten smooth welded. Dabei wird von Hand eine zweite, weicher verlaufende Schweißnaht aufgebracht. Das erhöht die Festigkeit, sieht elegant aus – und lässt sich leichter putzen. Die Reifen laufen außergewöhnlich leise und widerstandsarm auf Asphalt und festen Fahrbahnoberflächen. Auf Schotter oder losem Untergrund, speziell bei Nässe, verlieren sie aber früh an Spurführung und Grip.
Im Antrieb arbeitet die Mittelklasse-1x11-Schaltung NX von SRAM. Ihre Übersetzung bewältigt auch mal längere Steigungen, die Bandbreite von 382 Prozent reicht für einen Normalbetrieb ohne Extreme aus. Hier bedient man alle Gänge aufeinanderfolgend mit nur dem linken Hebel. Das funktioniert tadellos, die Schaltung ist allerdings, bauartbedingt, sensibel gegen Zuglängenveränderung. Man muss sie häufiger und sehr genau nachjustieren, was mittels einer gut greifbaren Knebelschraube am Shifter geschieht. Die Hydraulik-Discs stammen vom Massenhersteller Tektro und arbeiten ebenfalls ohne Tadel. Nicht ganz überzeugen kann der AXA-Scheinwerfer: Lichtstärke und Leuchtfeld sind nur untere Mittelklasse. Innerorts reicht er aus. Die Schutzbleche sind klapperfrei und lang genug, wobei am Hinterrad das kabelführende Röhrchen keinen dauerhaften Halt findet und auf den Reifen durchhängt. Das ließ sich jedoch mit einem Kabelbinder leicht reparieren.
Insgesamt ist es erstaunlich, wie kompetent und solide das Elops daherkommt. Auch bei häufiger Nutzung muss man nur wenige Abstriche machen. Da ist auch kleines Geld gut angelegt.
Decathlons Elops LD900* gefällt mit ausgewogener Sitzposition, guten Fahreigenschaften und brauchbarer Ausstattung. Das außergewöhnlich günstige Alltags- und Tourenrad ist definitiv keine Mogelpackung.