Jochen Donner
· 04.02.2022
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Fitnessbikes sind pure Fahrmaschinen. Die perfekte Partner für sportliche Touren. Zwölf Fitnessbikes von 800 bis 2.500 Euro im großen MYBIKE-Test
So macht Radfahren riesig Spaß: Müheloses Dahingleiten auf fein geteerten Landsträßchen, leise surrt die Kette, man fühlt sich frei im Wind. Das leichte Fitnessbike ist das am besten geeignete Vehikel dafür: ein Fahrrad, so leicht und reduziert wie nur möglich. Das Nötigste ist dran. Sonst nichts.
Der etwas mühsam klingende Gattungsbegriff „Fitnessbike“ entstand, als Shimano um 2003 Schalthebel und Bremsgriffe für gerade Lenker mit seinen Rennrad-Schaltgruppen kompatibel machte: Nun konnte man endlich fein gestufte Rennrad-Kassetten, leichte Kurbeln mit großen Kettenblättern, superleichte Rennradrahmen, -gabeln und leichte Laufräder mit schmalen Reifen auch mit geradem Lenker kombinieren, ohne Kompromisse eingehen zu müssen. Davor war das nur mit weit entfernt am Unterrohr montierten Schalthebeln möglich. Bremsgriffe für gerade Lenker, die es für Mountainbikes ja bereits gab, waren jedoch nicht mit den kürzeren Seilwegen einer Rennrad-Bremse kompatibel. Die neue Kombinationsmöglichkeit sprach vorwiegend sportliche Radler und Radlerinnen an, die sich mit dem Rennlenker und der tief gebeugten Sitzposition auf einem Rennrad nicht anfreunden wollten. Sie sitzen auf dem Fitnessbike zwar auch betont sportlich, aber weniger vornüber gebeugt als auf dem Rennrad, sind aber dennoch mit maximal leichtem Material unterwegs. Und haben richtig Spaß daran.
Gerade in Deutschland spielt das Fitnessrad seit damals eine zwar bescheidene, aber nicht unbedeutende Rolle im sich immer breiter auffächernden Fahrradmarkt. Hersteller wie Stevens, Cube, Rose oder Canyon widmen sich dem Thema seit Jahren und haben eine ganze Reihe von Modellen in unterschiedlichen Preisgruppen im Angebot. „Schon um die 800 Euro können wir anständig ausgestattete, leichte Bikes auf die Räder stellen“, sagt etwa Marketing-Chef Volker Dohrmann von Stevens aus Hamburg. Deshalb haben wir uns entschieden, von einzelnen Marken zwei aktuelle Modelle ins Testfeld zu nehmen, um die Bandbreite der Ausstattungen und Angebote möglichst umfassend darstellen zu können. So spiegeln die zwölf Räder im Test den Markt insgesamt schon relativ gut wider.
Technisch sind die Bikes sehr interessant – trotz oder gerade wegen der Tatsache, dass an den schlanken Flitzern eigentlich nicht viel dran ist. Sie begeistern durch maximale Reduktion. Schon das günstigste Rad im Test wiegt nur 11,3 Kilo, das teuerste sogar nur 7,9 Kilo, womit es schon im Revier reinrassiger Rennräder wildert. Damit lässt sich ebenso sportlich wie dynamisch auch durch hügelige Gegenden fetzen. Die Rahmen und Gabeln bestehen aus Aluminium oder Carbon, an Gabeln werden teils beide Materialien kombiniert; vielfach entstammen sie den aktuellen Rennrad-Serien der Hersteller. Der konstruktive Aufwand ist teilweise enorm.Trek integriert das IsoSpeed-Federungssystem im Rahmen, mit dem auch die Profirennräder des US-Herstellers ausgerüstet sind. Vielfach sind beide Laufräder mit steifigkeitsfördernden Steckachsen fixiert, sind Züge im Rahmen verlegt und Gewinde zur Montage von Schutzblechen, Gepäckträger und Hinterbauständer klug integriert und elegant versteckt, um die aufgeräumte, sportliche Optik nicht zu beeinträchtigen. Leichte Laufräder mit hochwertigen, schmalen Reifen lassen sich mühelos beschleunigen und rollen seidenweich über den Asphalt, die Räder geben sich leichtfüßig und flink. Alle Komponenten sind betont leicht und funktional. Die Kettenschaltungen entstammen Shimanos hoch entwickelten Rennrad-Gruppen Tiagra, 105, Ultegra und Dura-Ace mit Zweifach-Kurbel und zehn oder elf Ritzeln am Hinterrad. Ausnahme: Am günstigen Specialized-Rad arbeitet eine preiswerte, exotische Neungang-Microshift-Schaltung mit extrem breit abgestufter Kassette. BMC und Rose setzen Shimanos relativ neue GRX-Schaltung ein, die etatmäßig Gravelbikes durchgängig kürzer übersetzt und deshalb bergauf besser geeignet ist als klassische Straßen-Schaltungen, die teils nicht einmal eine 1:1-Übersetzung an Bord haben. An allen Rädern sind hydraulische Scheibenbremsen preiswerterer Bauart montiert, die, nach regelgerechter Einfahrprozedur, höchstens durch ihre unproblematische Funktion auffallen. Empfehlenswert sind jedoch Bremsscheiben mit mindestens 160 Millimeter Durchmesser; kleinere Scheiben können auf langen, steilen Abfahrten und/oder bei schwereren Fahrern ab 75 Kilo zu schnell heiß werden und im schlimmsten Fall sogar ganz ausfallen.
Schon zu Preisen zwischen 1.400 und 1.700 Euro beeindrucken die Bikes durch geringes Gewicht und praxistaugliche Ausstattungen. Dabei setzen die Räder durchaus unterschiedliche Schwerpunkte. Mal steht ein leichter Rahmen im Blickpunkt, mal leichtere Laufräder, breitere Reifen oder eine betont vielseitige Auslegung. Je teurer die Räder, desto konsequenter achten die Hersteller auf ein in Summe niedriges Komplettradgewicht. Dafür steigt der Konstruktionsaufwand noch einmal merklich, denn es erfordert einige Anstrengung, ein schnelles Rad sowohl sehr leicht als auch maximal fahrstabil zu machen. Die superleichten Rahmen-Gabel-Sets von Scott und Canyon oder die sehr leichten Laufräder am Stevens Strada 1000 sind Beispiele dafür, wie man Räder noch dynamischer und sportlicher konzipiert.
Interessant auch, mit welchen technischen Kniffen die Hersteller den asketischen Sportbikes mehr Fahrkomfort anerziehen. Treks Rahmendämpfung und Canyons Sattelstütze sind innovative Technik, die dem Biker das Sitzen auch auf langer Strecke angenehmer machen soll. Man sieht: Das Thema Fitnessbike ist quicklebendig. Wohl auch, weil pures Radfahren ein wohltuender Kontrast zu unserer technisierten Umwelt ist. Und zeigt, dass Fahrspaß weniger mit dickem Geldbeutel als mit gut trainierter Oberschenkelmuskulatur und Kondition zu tun hat.
Den kompletten Fitnessräder-Test aus MYBIKE 03/2020 können Sie unter dem Artikel kostenpflichtig als PDF herunterladen.
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