Jörg Spaniol
· 23.06.2015
Sportliche Trekkingräder teilen sich in zwei Klassen auf: Die ungefederten Fitnessbikes erleben eine Renaissance auf der Straße, während die Crossräder sich immer stärker an den Geländeeinsatz anpassen.
Alles war schon mal da? Alles vielleicht nicht. Aber das Fitnessbike erlebt derzeit seinen zweiten Frühling. Mindestens den zweiten. Schnelle, leichte Räder ohne Federgabel und Vollausstattung tummelten sich schon lange in einer kleinen Marktnische, doch selten war es so leicht, das halbe Testfeld mit spannenden Vertretern der Gattung zu bestücken. Verantwortlich für die zaghafte Renaissance des Fitnessbikes ist die andere Hälfte des Testfeldes: die Crossbikes. Klingt kompliziert? Ist es aber nicht. Die beiden sportlichsten Trekking-Marktsegmente haben sich einfach so weit auseinanderentwickelt, dass für beide Platz ist.
Die fünf Crossbikes im Test sind technisch da angekommen, wo vor einigen Jahren noch manches Mountainbike stand: 44 Millimeter Reifenbreite sind 1,75 Zoll, das war einst Gelände-Standard. Die Federgabeln im Test haben bis zu 75 Millimeter Hub – weitaus mehr als die ersten Geländegabeln. Ihre Lenker sind bis zu 70 Zentimeter breit und damit so ausladend, dass weder Ergonomie noch Aerodynamik zu längeren Touren im Flachland einladen. Es sind Mountainbike-Lenker, dimensioniert für maximale Radbeherrschung bergab. Noch sind die Reifen der aktuellen 29er-Mountainbikes etwas breiter, ihre Sitzpositionen länger und flacher, ihre Bremsen stärker als bei unseren Testrädern. Doch die Crosser marschieren technisch Richtung Geländetauglichkeit. Für zügige Flachlandrunden mit gelegentlichen Trampelpfaden sind längst nicht mehr alle die erste Wahl. Man könnte sagen: Die Crossbikes ziehen sich ins Mittelgebirge zurück.
Der Platz, den sie geräumt haben, gehört nun dem Fitnessbike. Das hat sich weitgehend davon verabschiedet, einfach ein Rennrad mit geradem Lenker zu sein. Auch hier sind die Reifen breiter und Scheibenbremsen zum Standard geworden. Die Entwicklung der Straßenkomponenten hin zu größerer Bergtauglichkeit macht diese Straßenräder zudem vielseitiger als bisher: Aktuelle Fitnessbikes haben zwei Blätter vorne und elf Ritzel mit bis zu 36 Zähnen hinten. Mit Zweifach-Kompaktkurbeln und Riesen-Ritzeln erobern sie deshalb auch bergiges Gelände. Dank überwiegend flacher Lenker und ihrer Starrgabeln sind sie vorne niedriger als die Crosser – und sie sind erheblich leichter! Satte drei Kilo bringt der Verzicht auf die Geländeperformance der Crosser: 8,5 Kilo wiegt das leichte Canyon-Fitnessbike, 11,4 Kilo der leichteste Crosser.
Dabei ist die technische Streuung bei den Crossern eher gering: Ein paar oder sehr viele XT-Schaltkomponenten ergänzt um unauffällige Sparteile, im Steuerrohr steckt eine der zahlreichen Versionen der Suntour-Trekkinggabeln NCX und NRX, allesamt per Luftdruck auf den Fahrer einstellbar und meist mit 63 Millimeter Federweg ausgestattet. Das ist gut, aber nicht aufregend. Den auf Dauer spürbarsten Unterschied machen manchmal die Wahl der Bremse oder Art und Güte der Schaltzugverlegung.
Spannender sind die konzeptionellen Unterschiede beim Fitnessbike. Hier findet sich eine V-Bremse (Centurion) und ein Carbonrahmen (Specialized), dazu kurze Renngeometrien wie bei Canyon oder Rose – und auch Fahrwerke, die eher entspannt darauf warten, genau den Platz auf glatten bis leicht rauen Radwegen einzunehmen, den ihnen das Crossrad neuerdings geräumt hat.
Beim Crossrad tobt auf den ersten Blick ein Ausstattungswettkampf, der auch zu Mogelpackungen führt. Am schlüssigsten erschien uns das preiswerteste Testrad, ein Cube Cross Pro, auch Bulls und Radon glänzen. Die Fitnessbikes sind vom Fahrgefühl breiter gestreut. Den besten Mittelweg aus Komfort und Sportlichkeit, gepaart mit einer durchgängig guten Ausstattung, fand Stevens, gefolgt von den Versendern Rose und Canyon.
Der gesamte Sportrad-Test stand in Trekkingbike-Ausgabe 3/2015. Den einzelnen Artikel erhalten Sie hier als PDF-Download.
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