Jochen Donner
· 29.11.2022
Abenteuer ab dem ersten Meter, sogar auf dem Weg ins Büro. Das Velotraum Finder bringt durch seine Geometrie und die breiten Reifen beste Voraussetzungen mit.
Im gemeinsamen Testkeller ist der wuchtige Finder unter all den MTBs der BIKE nur schwer auszumachen. Es fällt mit seinen wuchtigen Geländereifen, der Geometrie mit hohem, breit geschwungenem Cockpit und der krassen Rahmenfarbe optisch viel mehr in die Kategorie der Berg- als der MYBIKE-typischeren Alltags- und Tourenräder. Tatsächlich versteht Velotraum das Rad genau so: Als Alltags- und Tourenrad fürs Grobe. Wenn zwischen Wohnung und Büro einige Kilometer über Feld-, Wald- und Wiesenwege einfach die schönere, autofreie Route sind. Oder wenn eine Radtour mit Zelt und Kocher geplant ist, die auf den Schotterstraßen Zyperns stattfinden soll. Der Velotraum Finder schließt nichts aus, sondern will all das möglich machen, was andere Fahrräder nicht mehr können.
Der Rahmen ist speziell konstruiert: Gleichermaßen guter Vortrieb in schwerem Geläuf wie auf Asphalt war der Grund, 70-Millimeter-Pneus zu verwenden. Dafür müssen Gabel und Hinterbau Platz bieten, den reguläre Rahmen nicht haben. Auch der Bauraum am Tretlager ist peinlich genau abgestimmt: Gates-Riemen, Sprockets und Pinion-Getriebe bauen deutlich breiter als eine Kette und dürfen nicht mit den superbreiten Reifen in Konflikt kommen. Die laufen mit sehr geringem, auf den Untergrund angepassten Luftdruck zwischen ein und zwei Bar satt, laufruhig und sogar auf Asphalt erstaunlich schnell. Angepasst breite Felgen stützen die Reifen auch in Kurven optimal ab, ihr relativ niedriges Gewicht (ca. 830 Gramm) beschert agile Beschleunigung und geringe Lenkkräfte, weil die rotierende Masse niedrig bleibt.
Mit seinem Pinion-Tretlagergetriebe und den fein gestuften 18 Gängen harmoniert der potente Finder perfekt. Die Bedienkräfte am Drehgriff fallen angenehm niedrig, die Schaltschritte exakt und knackig aus, selbst unter (mäßiger) Last. Der Sprung über mehrere Gänge ist problemlos möglich. Primärübersetzung und Getriebe-Spektrum sind so abgestimmt, dass die ersten drei bis fünf Gänge, je nach Steigungsgrad, sich auch mit Gepäck bergauf bequem kurbeln lassen. Für die große Reise hat Velotraum das Testrad mit starken, haltbaren Tubus-Trägern aus Stahlrohr aufgerüstet. Für den Betrieb als Pendler-Fahrzeug wäre aber auch eine Ausstattung mit 50-Millimeter-Reifen, Schutzblechen und Dynamo-Lichtanlage möglich.
Das Konzept ist, so variabel wie möglich zu sein. Im straffen Sattel fühlt man sich schnell wohl, wenn man eine sportlich-lange, doch zentral ausbalancierte Sitzposition mag. Der Steuerrohr-Aufsatz namens Carlo ist eine Velotraum-Spezialität. Er und weitere 30 Millimeter Spacer platzieren das Cockpit relativ hoch. Freier Blick auf Landschaft und Verkehrsgeschehen, aber auch kraftvoller Pedaltritt sind so gleichzeitig möglich. Hörnchengriffe und der breite Lenker bieten vielfältige Griffpositionen. Die Lenkung überrascht mit hoher Sensibilität und Leichtgängigkeit, die Bremsen sind eine Macht. Mit 22 Kilo am Heck und 15 auf dem Lowrider ließ sich der Finder gut beherrschen und sicher fahren. Das Duo aus Mini-Parkstütze am Lowrider und Hinterbau-Ständer stabilisiert das voll beladene Rad vorbildlich. Das maximal belastbare CDX-System ist hier also ein perfekter Partner.
Der Finder ist ein außergewöhnliches Fahrrad für alle Strecken zwischen Abenteuer und Alltag. Trotz ausgeprägter Offroad-Qualitäten fährt es sich auch auf Straßen und Wegen erstaunlich gut. Pinion- und Gates-Antrieb sind hier die Ideal-Partner.