Jochen Donner
· 16.01.2023
3D-Druck ist noch selten im Fahrradbau. Beim Falkenjagd Aristos R setzt der Hersteller die innovative Technik erstmals an seinem Titan-Rahmen ein.
Sehr spektakulär sieht das silbern schimmernde Gravelbike mit seinen Schutzblechen und Gepäckträger auf den ersten Blick nicht aus. Erst bei näherer Betrachtung nimmt man die handwerklich exzellente Verarbeitung des unlackierten Ewigkeits-Metalls Titan deutlich wahr – und bemerkt fließende Formen, wie es sie sonst an Titanrahmen nicht gibt.
Das Falkenjagd Aristos R, erhältlich als nackter Geländerenner oder wie hier alltagstauglich ausgerüstet, nutzt an Rahmen und Gabel die exklusive 3D-Drucktechnik für einzelne Rahmenbestandteile. Steuerrohr, Tretlagerhülse und Steckachs-Ausfallenden am Rahmen, der Gabelkopf und -ausfallenden sowie der komplette Vorbau bestehen aus gedrucktem, rostfreiem Titan. Die Drucktechnik ermöglicht Hohlkörper, die mit klassischer Schweiß- und Schmiedetechnik unmöglich herzustellen wären. Steuerrohr und Vorbau beispielsweise beinhalten eine perfekt ausgerichtete interne Zugverlegung. Über die aus dem Steuerrohr fließenden Rohrstutzen stülpen sich passgenau die anschließenden, regulären Rahmenrohre. Mit einer Überlappung von 20 bis 30 Millimetern werden beide Werkstücke miteinander verschweißt und am Übergang plan verschliffen.
Am Falkenjagd Aristos R entsteht mit ihrer Hilfe eine Formensprache, die man bisher nur von Carbonrahmen kannte. So entstehen hochfeste, extrem belastbare Bauelemente mit geringstem Materialeinsatz. Laut Falkenjagd-Mastermind Andreas Kirschner bewirken die gedruckten Teile eine höhere Festigkeit an Stellen, wo sie in Rahmen und Gabel vorteilhaft sind. Zugeliefert werden diese brillanten Drucksachen von einem hoch spezialisierten Dienstleister in Taiwan, der aus pulverförmigem Titan mit einer Laserkanone nach Belieben gestaltete Hohlkörper herstellt. Ein kostspieliges, exklusives Verfahren.
Das Resultat der Technik, das Falkenjagd Aristos R, fährt sich auffällig satt, souverän und unaufgeregt. Es folgt auch der feinsten Lenk-Bewegung und scheint jeden Antritt verlustfrei in Vortrieb zu wandeln. Die breiten, offroad-tauglichen Reifen unterstützen dieses Fahrgefühl. Sie laufen überraschend leise auf Teer und glänzen abseits der Straße mit präzisem Grip, souveräner Spurführung und komfortabler Dämpfung. Der Charakter des Aristos R ist bewusst vielseitig angelegt: Trotz seines sportlichen Charakters ist das Bike auch auf dem – gerne etwas weiteren – Weg ins Büro und allen alltäglichen Strecken gut einsetzbar. Man muss es nur mögen, etwas gestreckt auf dem Rad zu sitzen.
Im Alltagseinsatz erfordert das konsequent sportliche Konzept aber Kompromisse. So muss man auf einen Hinterbauständer verzichten und die durch den Vorbau geführten Züge und Bremsleitungen machen die Wartung extrem aufwendig. Selbst die Rücklicht-Montage erfordert aufgrund der innen geführten Kabel vorab Überlegungen. Am Träger montiert, ist dessen gelegentliche Demontage sehr erschwert. Sitzt es dagegen an der Sattelstütze, behindert es den Gebrauch einer Bikepacking-Satteltasche. Da ist ein Akku-Rücklicht mit Gummi-Straps vielleicht die beste Lösung.
3D-Druck im Fahrradrahmenbau ist extrem selten und teuer. Noch. Die Gestaltungsmöglichkeiten durch Drucktechnik sind revolutionär. Viel freier als mit bisheriger Schweiß- und Schmiedetechnik lassen sich Bauelemente gestalten, die in Materialeinsatz, Statik und Festigkeit so nah ans Ideal herankommen wie nichts bisher. Mit breiterem 3D-Einsatz werden auch die Preise sinken.