Neue Räder 2023Sechs Modelle im MYBIKE-Test

Jochen Donner

 · 20.01.2023

Bild NaN
Foto: Bernhard Huber

Trotz aller Lieferprobleme gibt es auch 2023 Fahrräder, die aus der Masse herausragen. Sechs neue Räder hat MYBIKE schon getestet.

So durcheinandergewirbelt war der Fahrradmarkt noch selten: gestörter Nachschub, Teileknappheit, dazu Inflation und Kostenexplosionen auf allen Ebenen. Gleichzeitig herrscht in ganz Europa ein historischer Tiefstand bei der Kauflaune. Das in den vergangenen zwei Jahrzehnten funkelnde Feuerwerk der Fahrrad-Innovationen flackert und glimmt heute teilweise nur noch. Dennoch gab es auf der Eurobike durchaus reizvolle Neuheiten zu sehen, nicht zuletzt im Schaltungsbereich: neue Nabenschaltungen von Kindernay, 3x9 und Revolute, außerdem Shimanos neue Elektroschaltung namens Cues, gedacht für Freizeit- und Tourenräder – oder auch das E-Getriebe Smart Shift von Pinion.

Allein von diesen spannenden Komponenten war im Spätherbst 2022 noch kein einziges testfähiges Exemplar zu bekommen. Auch bei den innovativen Kompletträdern hakt es. Das vielversprechende neue Touren-E-Bike von Idworx war so wenig lieferbar wie eine Neuauflage des ersten Trekkingbikes überhaupt, des Centurion Accordo. Oder das E-Bike mit Kupplungs-Motor von Lemo oder Tout Terrains erster elektrischer City-Tourer Camden. Oder, oder, oder ... Oft genug sind auch die Hersteller nicht über ein paar Messemuster hinausgekommen. Doch wir bleiben dran und werden alle diese Neuheiten so bald wie möglich testen.

Jochen Donner, Test-Redakteur: „Man muss nicht jedes Jahr ein neues Fahrrad kaufen. Dennoch lohnt die Lektüre aktueller Fahrradtests. Sie macht verständlich, wohin und wie schnell sich das Fahrrad und seine Technik von Jahr zu Jahr weiterentwickeln.“

Die Räder im Detail

Lichtzeichen: Von hinten herannahende Fahrzeuge zeigt das Radar am Cannondale als bewegliche LED-Punkte auf dem Lenkerdisplay an.
Foto: Bernhard Huber

Spannend wird’s trotzdem: Die neuen Räder in der Übersicht

Was schließlich doch in unsere Hände gelangte, ist jedoch kaum weniger interessant: Das Falkenjagd Aristos R mit gedruckten Rahmenbestandteilen aus Titan hat als technisches Highlight auch unsere Kollegen von TOUR und BIKE begeistert. Gemeinsam mit ihnen haben wir dieses Leuchtturm-Projekt intensiv diskutiert, im MYBIKE-Testkeller vermessen und natürlich ausgiebig gefahren. In zweierlei Hinsicht interessant ist auch das Gravelbike-Spitzenmodell des US-Herstellers Cannondale: Beim Topstone Carbon 1 RLE sorgt eine fast wartungsfreie Federung für außergewöhnlich hohen Fahrkomfort. Zudem ist das Rad mit einer Akku-Lichtanlage ausgestattet, die nach hinten mit einem Radarauge den rückwärtigen Verkehr beobachtet. Ein Lenkerdisplay signalisiert, ob und wie schnell sich Fahrzeuge von hinten nähern. Diese effiziente Sicherheitstechnik möchte man schon nach wenigen Stunden eigentlich nicht mehr missen.

Ein neues Stadtrad mit Pinion-Antrieb und Gates-Riemen von Stahlrahmen-Spezialist Tout Terrain demonstriert überzeugend, wie man ein langlebiges und damit nachhaltiges Fahrrad baut. Ebenfalls rundum überzeugend ist das Topmodell der neu benannten Nulane-Serie von Cube. Es ist ein sportliches Gravelbike mit geradem Lenker und einem gelungenen Mix aus Leichtgewicht, Robustheit und Fahrdynamik, gepaart mit der Option zur alltagstauglichen Aufrüstung. Neben der Performance von Rahmen und Gabel aus technisch optimiertem Carbonmaterial gefällt auch sein beachtlich niedriger Preis.

Vom deutschen Traditionshersteller Diamant trat das neueste Grundmodell der Rubin-Reihe zum Test an: ein vielseitiger und preiswerter Allrounder für alle Tage und Gelegenheiten, dessen Entwickler aber auch die ästhetische Gestaltung im Blick behielten. Und schließlich befassen wir uns mit einem altehrwürdigen Cargo-Konzept: Die Retro-Marke Viva schickte uns eine Neuauflage des Bäckerrads zum Test, die mit traditioneller Fahrradtechnik, mitgelenktem Frontträger und 20-Zoll-Vorderrad die Blicke fahrrad-affiner Passanten auf sich zieht.

Erstes Fazit

Diese Auswahl ist gewiss nicht repräsentativ, doch als bunter Strauß unterschiedlicher Radkonzepte vermittelt sie ein Bild, wie vielfältig und breit sich die Fahrradindustrie selbst in Mangeljahren aufstellt – wenn auch vielleicht nicht in dem Umfang und der Tiefe, die wir jahrelang gewohnt waren. Auch bei den bisweilen vernachlässigten Fahrrädern ohne Motor gedeihen Modellvielfalt und Neuentwicklungen, und das nicht nur im hochpreisigen Luxussegment – auch wenn dort mehr finanzieller Spielraum ist. Sogar die Ästhetik fällt nicht ganz unter den Tisch. Das Testfeld bietet damit eine anregende Vorschau auf den neuen Jahrgang 2023 und verspricht ein interessantes Fahrradjahr. Das wichtigste Fazit unseres wahrhaft diversen Testfelds war: Eine gehörige Portion Fahrspaß ist bei jedem dieser Räder im Kaufpreis inbegriffen.

Die Räder aus dem MYBIKE-Test