Tief gestapelt

Uli Frieß

 · 25.04.2020

Tief gestapelt
Tief gestapelt

In kaum einer Fahrradklasse gibt es so unterschiedliche Konzepte wie beim Lastenrad. Die Spanne reicht vom einfachen Bäckerrad bis zum mehrspurigen Edeltransporter. Das einspurige, klug konstruierte Ca Go FS 200 will ganz vorne mitspielen.

Dass das E-Lastenrad noch lange nicht ausentwickelt ist, weiß die Fahrradwelt seit der Eurobike 2019. Dort zeigte ein Team um die selbst ernannten „Bike-Nerds“ Franc Arnold und Gerrit Gaastra den Prototypen unseres Testrades, des Ca Go FS 200. Sicher und unkompliziert zu handhaben sollte der Tieflader sein – ein hoher technischer Anspruch an so ein langes Gefährt. Gaastras Firmen Bike Basics und Idworx waren in der Entwicklung federführend. Die Handschrift der erfahrenen Bikespezialisten wird vor allem dort sichtbar, wo sich das Ca Go vom Wettbewerb unterscheidet. Der erste Blickfang und das zentrale Sicherheits-Feature des Tiefladers ist die Transportbox aus EPP. Dieser Partikelschaum ist formstabil, kann viel Crash-Energie absorbieren und findet sich deshalb auch in Auto-Stoßfängern.

EPP macht Kindertransporte damit deutlich sicherer, als es Transportboxen aus Holz oder Stahlrahmen-Konstruktionen mit textilen Wänden könnten. Die gepolsterten Kindersitze sind hochklappbar und bestehen ebenfalls aus EPP sowie einer steifen, tragenden Metallkonstruktion. Einfach höhenverstellbare und rastbare Kopfstützen sowie Fünfpunkt-Gurte sichern die Kinder bei Unfällen in den Sitzen.

  Die beiden 625-Wh-Akkus liegen tief und spritzwassergeschützt unterm Boden der Trasportbox
Die beiden 625-Wh-Akkus liegen tief und spritzwassergeschützt unterm Boden der Trasportbox

Weiteres Sicherheitsfeature: Während am Hinterrad eine hydraulische Vierkolben-Scheibenbremse für üppige Bremskraft sorgt, drückt am Vorderrad ein Zweikolben-Bremssattel deutlich sanfter auf die Scheibe. Das ist sinnvoll, denn ein überbremstes, blockierendes und wegrutschendes Vorderrad lässt sich bei langen Tiefladern nur schwer wieder einfangen. Zudem bekam der Vorderreifen für mehr Traktion beim Bremsen und Lenken eine weichere Gummimischung.

Zugunsten des Handlings haben sich die Konstrukteure zur Übertragung der Lenkimpulse für einen Seilzug anstelle des üblichen Lenkgestänges entschieden. Weil ein Seilzug den Lenkwinkel nicht begrenzt, lässt sich das Vorderrad um gut 90 Grad einschlagen. Der lange Tieflader hat damit einen überlegenen Wendekreis und lässt sich leicht rangieren. Nachspannen muss man den Seilzug nicht, das erledigt eine Automatik.

  Ein Seilzug überträgt die Lenkbewegungen aufs Vorderrad. Somit begrenzt kein Lenkgestänge den Einschlagwinkel. Der Supernova-Scheinwerfer M99 Mini Pro hat ein helles, zuschaltbares Fernlich
Ein Seilzug überträgt die Lenkbewegungen aufs Vorderrad. Somit begrenzt kein Lenkgestänge den Einschlagwinkel. Der Supernova-Scheinwerfer M99 Mini Pro hat ein helles, zuschaltbares Fernlich

Sicher und komfortabel

Weiteres Ziel war es, den Schwerpunkt tief und damit die Kippmomente gering zu halten. Das verbessert die Fahreigenschaften deutlich. Unter anderem aus diesem Grund entschieden sich die Konstrukteure für eine kleine 150-Millimeter-Tretkurbel. So konnte der Rahmen noch tiefer gelegt werden, ohne dass die Pedale in den Kurven aufsetzen. Gleichzeitig verhindern die kurzen Kurbeln, das größere Fahrer beim Pedalieren mit dem Knie an die Transportbox stoßen. Ausgeprägte Einschränkungen bei der Tret-Ergonomie verursachten die kurzen Kurbeln auf den Testfahrten nicht. Zusammen mit dem automatischen Enviolo-Getriebe und dem drehmomentstarken Bosch-Cargo-Motor ergibt sich ein müheloses und unkompliziertes Fahrgefühl. Die Getriebenabe hält eine vom Fahrer einstellbare Trittfrequenz konstant, sequenziell schalten lässt sie sich nicht.

  Eine Spannrolle hält den Gates-Riemen stets und definiert auf Zug, nachstellen ist nicht mehr nötig.
Eine Spannrolle hält den Gates-Riemen stets und definiert auf Zug, nachstellen ist nicht mehr nötig.

Etwas störend wirken nur die unerwartet häufigen, lauten Zwitschergeräusche des Getriebe-Stellmotors. Ein Gates-Riemen statt Kette gewährleistet eine ruhige und wartungsarme Verbindung zwischen Antrieb und Hinterrad, für seine konstante Spannung sorgt eine eigens entwickelte Spannrolle.

Mit 40 Kilo Gewicht in der Transportbox lässt sich das FS 200 direkt und spurtreu dirigieren. Ein Lenkungsspiel ist nicht spürbar, das Ca Go reagiert prompt und gut kontrollierbar auf Lenkimpulse. Wie jeder lange Tieflader erfordert auch das FS 200 von Lastenrad-Neulingen etwas Gewöhnung, zumal das weit vorne liegende Vorderrad für den Fahrer nicht sichtbar ist. Insgesamt fährt es sich für einen schweren E-Transporter aber ausgesprochen unkompliziert.

Fazit:

Im Ca Go FS 200 stecken einige neue und innovative Ideen. Der Tieflader ist erstklassig ausgerüstet, durchdacht konstruiert und wertig aufgebaut. Ein Bike-Konfigurator und die komplette Ausrüstungsliste finden sich auf der Homepage des Herstellers. Der Preis für den Transporter startet bei 6.600 Euro, wer jedoch alle Vorzüge des Ca Go genießen möchte, muss deut- lich mehr als 8.000 Euro investieren.

  • Preis: ab 6.600 Euro
  • Rahmen/ Gabel: Alu/ Suntour Mobi 20 Cargo
  • Gewicht: 48,8 Kilo (in Basis-Ausstattung)
  • Zul. Gesamtgewicht: 225 Kilo
  • Zul. Transportgewicht: 70 Kilo (auf der Ladefläche)
  • Bremsen vorne: Magura CME 4 (2Kolben), 203 mm
  • Bremsen hinten: CME 5 (4 Kolben), 220mm
  • Schaltung: Enviolo Cargo AutomatiQ
  • Motor/ Akku: Bosch Performance CX Cargo/ 625 oder 1.250 Wh
  • Reifen vorne: Schwalbe Big Apple Cargo 20" 55mm
  • Reifen hinten: Schwalbe Supermoto 27,5" 70mm