Jochen Donner
· 28.01.2022
So wünscht man sich ein ganz normales Fahrrad: Solide, wartungsarm – fast schon langweilig seriös. Trotzdem zauberte uns das Victoria ein Lächeln ins Gesicht.
Ohne spezielle Erwartungen nahmen wir im Testkeller das Victoria Trekking 5.8 in Empfang – schon der Name transportiert ja eine gewisse Nüchternheit. Optisch beeindruckt das brave Trapezrahmen-Rad mit hochgezogener Gabel, langem Steuerrohr und entsprechend hohem Lenker vor allem durch unerwartete Wucht.
Doch kaum nimmt man Platz auf dem gut konturierten, angenehm straffen Sattel, stellt sich Wohlgefühl ein: Der Lenker liegt perfekt in der Hand, Arme, Schultern und Rücken bleiben aufgrund der eher aufrechten Sitzposition entspannt. Die Balance stimmt, sobald man die Füße auf die Pedale setzt. Dank langem Radstand rollt das Victoria satt und souverän, die dicken Reifen schlucken Vibrationen weitgehend weg, wenn man seinen Luftdruck entsprechend justiert (knapp 3 Bar bei einem 75-Kilo-Fahrer). Bei breitem Lenker und langem Vorbau ist die Lenkung angenehm ruhig abgestimmt. Wieder einmal beweist Shimanos Achtgang-Nabe, hier die preisgünstige Nexus 8, dass sie völlig unaufgeregt allen normalen Fahrsituationen gewachsen ist. In Verbindung mit der preisgünstigen CDN-Variante des Gates-Riemens bleibt der Antrieb zudem wartungsarm. Eine gelegentliche Reinigung mit Wasser und Zahnstocher, um Steinchen aus der Riemen-Rille zu pulen, reicht selbst im Winter aus.
Ab Modellvariante 6 ist eine Kettenschaltung an Bord. Die sollte man bevorzugen, wenn längere oder starke Steigungen auf dem Alltagsweg liegen oder das an sich recht schwere Rad häufig beschleunigt wird. Die zuverlässigen Hydraulik-Discs überzeugen dagegen auch bei scharfen Tempi bergab mit Kraft, Sensibilität und guter Dosierbarkeit. Der Gepäckträger packt Einkaufs- oder Tourentaschen bis gut 20 Kilo Last anständig weg. Da seine Strebenfüße höhenverstellbar verschraubt sind, sollte man gelegentlich diese Schrauben nachziehen, um die hohe Seitensteifigkeit nicht zu verlieren. Die Nabendynamo-Lichtanlage reicht völlig aus, solange man nicht in völliger Dunkelheit unterwegs ist. Seine charmanteste Seite zeigt das Victoria ohnehin in heller Sonne: Je nach Lichteinfall wechselt es die Farbe von Grün zu Violett und wieder zurück. Auf den vielen geraden und leicht gekurvten Oberflächen ist das ein faszinierendes Lichtspiel.
Brav, verlässlich, praktisch: Das Victoria Trekking 5.8 hat, außer seinem hohen Gewicht, nur Pluspunkte. Als charmantes Augenzwinkern darf man die Flipflop-Lackierung verstehen.
Der Preis des Rades beträgt 1.199 Euro.