Jochen Donner
· 13.07.2020
Reiseräder sind eine besondere Sorte Rad. Globetrotter und Vielfahrer haben oft spezielle Ansprüche an ihr Gefährt. Gut, dass es Macher mit Ideen gibt, die daraus tolle Reiseräder fertigen
Hey, was geht? Wer so fragt, sucht meist einen coolen Einstieg in unverbindlichen Small Talk. Die Antworten, die wir auf diese Frage erhalten haben, präsentieren wir auf den folgenden Seiten – denn wir haben neun ausgewiesene Reiserad-Spezialisten befragt. An Small Talk sind solche Leute weniger interessiert, sie machen lieber. Ihre neun sehr speziellen Fahrräder, die den Grenzen des derzeit technisch Machbaren sehr nahekommen, stellen einen Gesamtwert von fast 52.000 Euro dar, addiert man die Einzelpreise. Dafür darf es dann schon mal etwas persönlicher werden.
Für nicht wenige Reisende ist die Fernfahrt auf dem Fahrrad der Weg zum Abenteuer. In exotischen Gegenden kämpfen tapfere Globe-Treter mit harten Bedingungen: schlammige oder sandige Strecken, wüste Steigungen, steinige Pisten, extreme Temperaturen, gepaart mit Monsunregen oder totaler Trockenheit. Das muss das Reiserad ebenso wegstecken wie sein Pedaleur. Defekte unterwegs sind mindestens ärgerlich; mitten in einer Wüstendurchquerung kann eine irreparabel defekte Schaltung aber auch bedrohliche Folgen haben. Es liegt also nahe, auf robuste, wenig anfällige, aber auf jeden Fall reparable Technik zu setzen – die selbstverständlich auch auf einem gepflegten Flussradweg nie fehl am Platz ist.
Für Rahmen gilt das besonders: Eine Delle im Oberrohr, weil der Lenker umschlägt, ist ärgerlich, aber nur ein optischer Makel. Wenn sich aber die Fuhre samt Gepäck auf einer schnellen Passabfahrt unkontrollierbar aufschwingt, beeinträchtigt das die eigene Sicherheit. Auch existieren unterschiedliche Begriffe davon, was bequemes Radfahren bedeutet: Der eine liebt die aerodynamische Rennrad-Sitzposition, der andere sitzt am liebsten aufrecht, damit er möglichst viel sehen kann. Deshalb benötigt fast jeder Reiseradler ein Bike, das auf die konkreten Anforderungen seines Reviers, seiner Route, auf die persönlichen Vorlieben und Körpermaße angepasst ist. Man will schließlich in Zukunft viel Zeit miteinander verbringen.
Nicht ohne Grund betont jeder der neun Hersteller, die wir um ihr Spitzen-Modell gebeten haben, seine langen Jahre im Geschäft. Intensive Erfahrung im Bau von Reiserädern beziehungsweise deren Rahmen ist ein Schatz, der sich direkt in Qualität und Verlässlichkeit eines Bikes ummünzen lässt. Ein Rahmenbauer weiß ziemlich genau, ob und bei welcher Belastung sein Rahmen das unerwünschte Lenkerflattern zeigen könnte. Die gezielte Auswahl und Abstimmung einzelner Rohre auf ihre jeweilige Aufgabe ist der Schlüssel zu einem sicheren und robusten Fahrradrahmen. Rahmenbauer greifen meist zu Stahlrohren, die in großer Vielfalt zu bekommen und gut zu verarbeiten sind und sinnvolle Materialeigenschaften aufweisen: Stahl ist zäh, wenig anfällig gegen Bruch und Ermüdung, und die Rahmen werden nicht zu schwer. Edelstahl und Titan werden auch für Rahmen von Reiserädern verwendet, sind aber deutlich teurer und aufwendiger zu verarbeiten. Außerdem muss der Rahmenbauer genauer bewerten, ob der jeweilige Mix ihrer Eigenschaften zu den Bedürfnissen des Kunden passt. Norwid, Patria und Wiesmann sind Beispiele für komplett in Deutschland handgefertigte Räder, vom Rahmen bis zur letzten Schraube.
Gute Reiseradrahmen kommen aber nicht zwingend nur aus Deutschland. Auch Aluminium ist ein sinnvoller Werkstoff für Fahrradrahmen, und das Know-how für dessen Verarbeitung konzentriert sich in Asien. Auch gute Stahlrahmen kommen von dort. Sauber konstruierte Rahmen-Gabel-Sets, sorgfältig gefertigt von ambitionierten Zulieferern, prägen die Bikes von Falkenjagd, Idworx, Maxx, MTB Cycletech, Tout Terrain und Velotraum, die den ausführenden Betrieben ihre jeweilige Idee des optimalen Reiserades vorgeben. Der Rest ist eine penible Qualitätskontrolle.
Spricht man mit den Machern, fällt auf, dass sie alle selbst, persönlich oder in ihrem Teams, Reise-Erfahrung mit dem Fahrrad haben. Auch der enge Kontakt zu ihren Kunden, die das Produkt draußen um die Welt bewegen, fließt immer direkt in die Produktentwicklung ein. Die einzelnen Radmodelle existieren meist über einen langen Zeitraum hinweg und werden von Generation zu Generation immer weiter verbessert. Das ist einer der entscheidenden Punkte, die ein Reiserad gut oder sogar rundum perfekt machen.
Den kompletten Test inkl. aller Testurteile und Einzelbewertungen finden Sie in MYBIKE 4/2019. Als PDF kostet der Test 1,99 Euro. Warum nicht kostenlos? Weil Qualitätsjournalismus einen Preis hat. Dafür garantieren wir Unabhängigkeit und Objektivität. Das betrifft ganz besonders die Tests in MYBIKE. Die lassen wir uns nicht bezahlen, sondern das Gegenteil ist der Fall: Wir lassen sie uns etwas kosten, und zwar Tausende Euro jedes Jahr.
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