Schöner FeierabendRäder für Pendler im Vergleich

Jochen Donner

 · 17.01.2018

Schöner Feierabend: Räder für Pendler im VergleichFoto: Daniel Simon
Schöner Feierabend: Räder für Pendler im Vergleich

Auf dem Weg von und zur Arbeit ist man gerne effizient und zuverlässig unterwegs. Erst recht, wenn zwischen Bett und Büro 10 Kilometer oder mehr liegen. Wir haben 10 Commuter-Räder auf ihre Qualitäten im Berufsverkehr untersucht.

Schon 17:30 Uhr, und die Besprechung zieht sich noch immer zäh dahin. Der Kollege spielt bereits unruhig mit dem Autoschlüssel, endlich wirft der Chef ein „Schönen Feierabend, allerseits!“ in die Runde. Wer dann einfach raus aufs Rad und nach Hause pedalieren kann, kommt mit wohligem Muskeltonus und freiem Kopf bei der Familie an. Dass Radfahrer auch entspanntere Arbeitnehmer sind, hat vor kurzem erst wieder der britische Sozio-Ökonom Adam Martin von der East Anglia University in Norwich in einer Langzeitstudie belegt: Autofahren macht unglücklich und hebt den allgemeinen Stresspegel signifikant. Radfahrer dagegen sind belegbar glücklichere Menschen.

Doch dafür brauchen Radler geeignete Räder (und Strecken). Für den täglichen Arbeitsweg, erst recht bei Distanzen von zehn oder mehr Kilometern, gelten verschärfte Kriterien:

Ein Pendler-Rad muss effizient, zuverlässig und betriebssicher sein.

Und es schadet nicht, wenn es zudem unaufwändig zu pflegen, günstig zu warten und leicht zu reinigen ist.

Charakter und Länge der täglichen Strecke spielen ebenfalls eine wichtige Rolle: Geht’s viel auf und ab, braucht das Rad entsprechend mehr und gut gestufte Gänge: Eine hochwertige Kettenschaltung, ein Pinion-Getriebe oder die Rohloff-Nabe sind hier passende Sparringpartner.

Bei flachem Streckenprofil bringt auch Shimanos Alfine 11 genügend Bandbreite. Die regelmäßigen Ölwechsel darf man bei diesen gekapselten Antrieben nicht vergessen: Besonders die Alfine ist da sensibel und quittiert verbrauchte Schmierung gelegentlich mit Schaltproblemen.

Foto: Daniel Simon

Kombiniert man eins dieser Schaltungssysteme mit Riemen anstelle der wartungsintensiven Fahrradkette, reduzieren sich Pflegeaufwand und Verschleiß noch einmal erheblich. Die Entscheidung für einen Radtyp und damit die Sitzposition, also gerader Lenker oder Randonneur, aufrecht-entspannt oder sportlich gestreckt, kann nur jeder Radler selbst treffen. Generell verringern Rennlenker und aerodynamischere Sitzhaltung den Luftwiderstand; doch auch moderne, hochentwickelte Reifen sparen Kraft via geringem Rollwiderstand.

Bergamont Prime CX RD
Foto: Daniel Simon

Da der Arbeitsradler sich die Fahrzeit nicht gut aussuchen kann, sollte auch eine Tasche mit Regenkleidung, Tool und Ersatzschlauch, sowie eventuell Laptop und Unterlagen gut zu transportieren sein. Das waren die Auswahlkriterien für unsere zehn Testräder. Alle werden von ihren jeweiligen Herstellern auch explizit als Commuter-Velo empfohlen. Die Randonneure im Testfeld treten traditionell schmal bereift auf: Sie sind, mit Reifen ab 30 bis 35 Millimetern eher straff bis hart ausgelegt. Diese Reifen brauchen mindestens 4,5 bar. Auf ruppigen Straßen schlagen Unebenheiten in Ellenbogen, Knie und Hintern durch. Gute Straßenbeläge sind also Mindestvoraussetzung für schnelle und genussreiche Arbeitswege. Die einzige Ausnahme: Der Offroad-Randonneur von Velotraum schluckt jeden Untergrund. Er ist ja auch speziell auf Wege jenseits des Asphalts ausgelegt. Dafür rollt er auf Teerstraßen entsprechend zäher. Das vollausgestattete Bergamont und das günstige Fuji mit (wackeliger) Steck-Beleuchtung setzen auf Kettenschaltung und sind eine Empfehlung für gemischte Strecken in und außerhalb der Städte, solange man vorwiegend befestigte Wege befährt.

Foto: Daniel Simon

Einen anderen Weg geht Tout Terrain: Die nagelneuen Cinq-Schalthebel mit dem sperrigen Namen „Shift:R“ sind die besten Schalthebel für Rohloffnaben. Und lösen endlich und endgültig das Kompatibilitätsproblem Rennlenker-Rohloff. Hier arbeitet zudem, wie an den Allrounder-ähnlichen Breezer, Marin, Maxx und sogar am anspruchsvoll gestalteten Canyon, ein Riemenantrieb. Ob Gates oder Conti, spielt in der Praxis keine Rolle. Beim Preis – teilweise – wohl: Räder mit Conti-Antrieb fallen tendenziell etwas günstiger aus. Das Canyon fügt mit seinem einzigartigen Design und speziellen Komponenten kostenlos noch ein Ausrufezeichen dazu: Seht her, ich fahre Rad!

Hochwertige Beleuchtung erhöht die Sicherheit

Bei Dunkelheit herrscht, erfreulicherweise, meist die helle Freude: Außer an Fuji und Breezer leuchten durchwegs hochwertige LED-Schweinwerfer heim, immer mit Standlicht, oft mit Tagfahrlicht. Das bringt gegenüber sämtlichen anderen Verkehrsteilnehmern spürbar mehr Aufmerksamkeit und damit selbst bei grellstem Sonnenlicht mehr Sicherheit. Die leichten Breezer und Marin sind quirlig, gut zu beschleunigen und überaus handlich. Sie taugen ohne Weiteres auch als Allrounder für jeden Zweck, außer: Mehr Zuladung als etwa 10 Kilo bringt beide Bikes ins Flattern. Anders sieht es bei Maxx und Utopia aus: Sie sind vollwertige Touren- und sogar Reiseräder; Gepäck macht ihnen keinerlei Probleme. Doch fehlt es den robusten Tourern mit dicken Komfort-Reifen dafür merklich an Spritzigkeit. Das will man auf dem Arbeitsweg mit meist engerem Zeitfenster vielleicht nicht unbedingt haben.

Foto: Daniel Simon

Was jedoch für solide Bauart spricht, sind die Langlebigkeit und Wartungsarmut der Radtechnik: Das 12-Gang-Getriebe von Pinion (Maxx) und die 14 Gänge der Rohloff (Utopia) bescheren selbst Putzmuffeln viele Sorglos-Kilometer. Beide Räder fallen auch ergonomisch eher gemütlich aus: Sie sind die Empfehlung für gelassene Fahrer, die oft schlechte Wege fahren oder stärker komfortorientiert unterwegs sind.

Eine Überraschung war für uns Idworx’ Allrohler in der neuen Leicht-Version: Hier finden sportlicher Charakter, höchste Qualität und Sorglostechnik ideal zusammen. Die kompromisslose Kompetenz dieses Luxus-Bikes hat allerdings auch einen stolzen Preis. Und damit jetzt allerseits endlich einen schönen Feierabend!


Fazit: Ein "bestes Pendler-Rad" gibt es nicht. Im Testfeld gibt es keine Durchhänger: Jedes Bike hat Qualitäten. Wer ein universelles Rad mit breitem Potenzial schätzt, greift zum Maxx. Genießer fahren Utopia, Straßensportler die Randonneure von Tout Terrain oder Bergamont; Preisbewusste liegen beim Fuji richtig, Stilbewusste beim Canyon. In Suburbia funktionieren leichte Allrounder von Breezer und Marin prima. Sportlichen Luxus bietet Idworx. Und wer ganz weg will von der Straße, fährt Velotraum.

Der komplette Artikel stand in Trekkingbike-Ausgabe 5/2017.