Jörg Spaniol
· 18.04.2013
Die radelnden einheiten der Schweiz galten Ausländern bisweilen als militärisches Kuriosum, skurril wie eine Kavallerie. Die kämpfende rad- lertruppe wurde vor ein paar Jahren abgeschafft, doch ein Militärrad gibt es wieder: Das „Velo 12“.
Aus der langen Geschichte folgt, dass das Schweizer Militärvelo nicht einfach irgendein Rad sein kann. Fast 80 Jahre benutzten die Soldaten das legendäre „Ordonanzrad 05“. Die „05“ bezeichnet das erste Modelljahr, im vorigen Jahrhundert. Ohne Gangschaltung kam es aus, es war stählern, 27 Kilo schwer, aber unzerstörbar. Über 60.000 Stück wurden gebaut, viele fahren heute noch.
Ihm folgte das weniger glorreiche „Modell 93“ mit Siebengang- Kettenschaltung, ebenfalls über 20 Kilo schwer. Es war das letzte Waffenrad der Schweiz. Dann beschloss die Armee, dass sie ein eher ziviles Rad brauchte – und lieferte auf dem Weg zu unserem Pin-up, dem „Velo 12“ einen kleinen nationalen Aufreger: zu teuer, zu schlecht.
Mittlerweile ist das Thema aus der Debatte, die Vorwürfe sind entkräftet, die 4100 Räder werden ausgeliefert – und sind zum Stückpreis von 2500 Euro auch für zivile Käufer zu haben. Die augenfälligste Besonderheit am Schweizer Militärrad ist die Rahmenform.
Das erst senkrechte, dann flach abknickende Sitzrohr sorgt dafür, dass sich mit der Höhenverstellung des Sattels auch die Sitzlänge deutlicher verändert als bei üblichen Rahmen. Das Prinzip ist von „mitwachsenden“ Kinderrädern bekannt. Beim Velo 12 soll es helfen, Fahrer zwischen 1,60 und 1,90 Meter mit der nur einen erhältlichen Rahmenhöhe zu bedienen. Bei der Ausstattung sind die Besonderheiten eher spärlich. Nachdem das „Modell 93“ vor lauter Spezialteilen nicht mehr zu reparieren war, orderte die Armee nun ein Rad aus Serienteilen. Dabei legte sie allergrößten Wert auf Wartungsarmut und Robustheit.