Jörg Spaniol
· 11.06.2014
Bei Trekkingrädern sind 2000 Euro eine magische Grenze: Serienräder bleiben meistens darunter, jenseits beginnt die Welt der Individual-Aufbauten. Zehn leichte, schnelle Edelräder im TREKKINGBIKE-Test.
2000 Euro für ein Trekkingrad? Einem Gelegenheitsradler prägen sich bei dieser Vorstellung schluchtentiefe Stirnrunzeln ein. Doch wer sich mit einem Kauf in dieser Liga ernsthaft beschäftigt, hat meistens schon seine Erfahrungen gesammelt – mit einem rostenden, klapprigen, steinschweren Rad, das eben viel, viel günstiger war. 2000 Euro, dafür muss doch „was Gescheites“ hergehen, bestenfalls ein „Rad fürs Leben“!
So haben wir auch gedacht und uns eine Trekkingrad-Gattung vorgenommen, die vor allem bei Routiniers ihre Freunde hat: leichte, sportliche Räder mit Vollausstattung. Schnell genug für lange Tages- und Wochenendausflüge, robust genug für lange Alltagswege. Räder auf hohem technischem Niveau, knapp unterhalb der Luxusklasse, tendenziell ungefedert. Doch dann haben wir die Sortimente der erfolgreichen Serienhersteller gesichtet und bemerkt: Deren Top-Räder sind billiger! 1600 oder 1700 Euro sind die „Eckpreislage“, die Marken wie Stevens, Specialized, Radon, Bergamont nicht überschreiten. Zwei Gründe vermutet Stevens-Manager Volker Dohrmann dahinter: „Trekkingbike-Käufer sind tendenziell Vernunftkäufer. Und bei Vernunft-Technik wie einer guten Kettenschaltung und einem schönen Alurahmen kommt man mit diesem Preis hin. Darüber müsste ich zum Beispiel Carbon oder Federung anbieten. Aber dann scheitere ich am Händler, der sich das nicht in den Laden stellt. Sein Budget hat der im Zweifelsfall nämlich schon mit den E-Bikes in seinem Laden gebunden.“
Immerhin sechs von den zehn Rädern im Test sind „custom-made“. Das sind Fahrräder, die vom Kunden entweder komplett selbst zusammengestellt werden oder zumindest Modifikationen eines vorgegebenen Grundmodells erlauben. Sie entstehen erst nach der Bestellung – und ihre Preise sind nach oben offen. Ein sehr individuelles Baukasten-Rad kann bei vergleichbarer Technik 1000 Euro teurer werden als ein preisaggressives Serienrad.
Den extremsten Individualismus erlauben dabei Firmen wie Maxx oder Velotraum. Hier designt sich der Kunde mit Händlerhilfe oder am Bildschirm sein Rad selbst. Von der Bremszugfarbe bis zur Speichendicke oder dem Reifenprofil ist alles wählbar. Im Idealfall beschreibt der Kunde sein gewünschtes Fahrerlebnis und Einsatzgebiet, das der Händler dann – mithilfe einer Messmaschine, Sachkenntnis und etwa zwei Stunden Beratungszeit – in ein Fahrzeug übersetzt. Das Ergebnis ist ein Rad mit technischem und emotionalem Mehrwert.
„Die meisten haben schon Geld für ein Rad ausgegeben, das sie aber nicht zufriedengestellt hat“, sagt Maxx-Inhaber Uwe Matthies. „Ergonomie ist ein Dauerthema, oder Größen und Gewichte abseits des Durchschnitts. Dazu kommen Leute, die täglich auf dem Rad sitzen und sich viele Gedanken darüber machen. Die wollen Ausstattungen, die es in der Großserie nicht gleichzeitig gibt.“ Und Velotraum-Chef Stefan Stiener ergänzt: „Die Wunschfarbe ist nur noch die Kirsche auf dem Kuchen. Es geht um ein Rad, das perfekt zum Einsatz passt. Ich bin überzeugt, dass so ein Rad auch viel länger gefahren wird – das übersteht jede Mode.“