Jörg Spaniol
· 08.04.2022
Neues Rad, neues Glück. Doch muss es wirklich ein fabrikneues sein oder tut es ein Gebrauchtes? Die vier wichtigsten Wege aufs (neue) Fahrrad im Überblick.
Der stationäre Fahrradhandel ist nach wie vor der dominierende Vertriebskanal für neue Fahrräder – rein stückzahlmäßig ist der Versandhandel weit davon entfernt. Der Trend zum Pedelec kommt dem Fachhandel entgegen, denn Reparaturen oder selbst Fehlerdiagnosen am E-Bike-Antrieb überfordern die allermeisten Hobbyschrauber. Zudem erfordern die Antriebe spezielle Diagnose-Software, an die Laien nicht herankommen. Auch Besitzer muskelgetriebener Fahrräder sind teilweise froh um einen Händler der entsprechenden Marke im Nahbereich. Selbst wenn herstellerspezifische Teile vom Lenker bis zur Tretkurbel (Stichwort "Systemintegration") oder reparatur-unfreundliche Details noch nicht so verbreitet sind wie im Highend-Bereich der Rennräder und Mountainbikes, ist die Verbindung zu einer Händlerwerkstatt beruhigend. Gerade bei Ersatzteil-Engpässen wie in den vergangenen beiden Jahren wurden eigene Kunden beim Werkstattservice oft bevorzugt behandelt.
Doch die Händlersuche ist nicht trivial. Die Fachhändler haben sich häufig im Preiskampf auf nur eine oder zwei Marken zurückgezogen – je mehr Räder einer Marke er abnimmt, desto günstiger wird das Einzelne. Also sollte zunächst das Preis-Leistungsverhältnis der vertretenen Marken stimmen. Die Servicequalität – das eigentliche Argument pro Fachhandel – lässt sich am ehesten im Laufe von Beratung und Probefahrt wahrnehmen. Ein wichtiger Tipp dazu: möglichst mit Termin und nicht am Samstagvormittag kommen. Bei ähnlicher Qualität der Ware sollte der Service entscheiden.
Ein weiterer Player im Handel sind große Fahrradmärkte mit mehreren Filialen und mit Eigenmarken, die preislich mit dem Versandhandel konkurrieren. Oft, aber längst nicht immer, spiegelt sich der Preisdruck hier bei Beratung und Service.
+ Probefahrt möglich, Werkstatt am Ort
- meistens etwas teurer
Es ist eine spannende Annäherung der Systeme: Der einst als anonym geschmähte Versandhandel ist teilweise mit guter Telefonberatung, mit Servicekonzepten über örtliche Werkstätten und mit „Showrooms“ oder "Flagship Stores" in wenigen Städten greifbarer geworden – aber auch teurer. Die Eigenmarken der großen Versender winken längst nicht mehr nur mit dem Preisschild, sondern überzeugen auch mit Technik und Design auf Topniveau. Nicht immer sind Fachhandelsmarken teurer, wie unabhängige Tests belegen. Schwierig wird es meistens bei der Inspektion oder Reklamationen, wenn mangels örtlicher Vertragswerkstätten das komplette Rad eingeschickt werden muss. Die Grenzen verschwimmen übrigens auch von der anderen Seite: Die Luxusmarke Specialized hat kürzlich begonnen, ihre Bikes nicht mehr ausschließlich im Fachhandel, sondern (zum selben Preis) neuerdings auch im Versand zu verkaufen.
+ preiswert
- Probefahrt eingeschränkt, meist erschwerter Service
Der Wertverlust bei Neurädern war zumindest vor Corona steil wie eine Skiflugschanze: Nach gängiger Schätzung verlor ein Rad in den ersten beiden Jahren die Hälfte seines Wertes, nach jeweils vier Jahren dann weitere 50 Prozent. Das zehn Jahre alte 2.000- Euro-Rad wäre demnach nur noch 250 Euro wert. Wer sich mit Rädern auskennt, weiß aber, dass ein zehnjähriges Rad alles zwischen Schrotthaufen und Schätzchen sein kann. Doch die Corona-Lieferprobleme haben die Gebrauchtrad-Preise zumindest vorübergehend massiv verändert: in Einzelfällen wurden junge Gebrauchträder höher gehandelt als das jeweilige Neurad mit utopisch langen Lieferfristen.
Trotzdem können Gebrauchte sehr attraktiv sein, zumal viele Räder kaum benutzt wurden. Es kommt dabei aber auf Sachkenntnis an – und auf realistische Vorstellungen über den Preis von Verschleißteilen. Wenn beim Gebrauchtrad „nur“ Reifen, Kette, Ritzel, Bremsbeläge und Schaltzüge zu tauschen sind, kosten Teile plus Montage sehr schnell über 250 Euro, neue Pedelec-Akkus kosten 500 bis 1.000 Euro. E-Bike-Käufer haben bei vielen Antrieben immerhin die Möglichkeit, in einer Fachwerkstatt Laufleistung und Ladezyklen auslesen zu lassen – wenn der Verkäufer mitspielt. Während ein privater Verkäufer üblicherweise jede Gewährleistung ausschließt, müssen Fahrradhändler ein Jahr lang (bei Neukauf zwei Jahre) dafür geradestehen, dass das Rad keine versteckten Mängel aufweist. Mit Sachkenntnis, gutem Instinkt und einem Kaufvertrag (zum Download etwa auf adfc.de) ist der Gebrauchtkauf von privat trotzdem ein empfehlenswerter Weg zu einem günstigen Rad.
+ echte Schnäppchen möglich
- gute Sachkenntnis nötig
Weitere Infos ausführlich unter mybike.de
Ein Fahrrad nicht zu kaufen, sondern mit einem monatlichen Betrag über mehrere Jahre zu nutzen klingt zunächst seltsam: Für Fahrräder, die auf einen Schlag zu teuer sind, bieten manche Händler ohnehin eine „Null-Prozent-Finanzierung“ an. Doch Leasing kann ein Steuersparmodell sein: Für Selbstständige und Angestellte senken die Leasingraten für ihr „Dienstrad“ nicht nur ihr zu versteuerndes Ein- kommen, sie verringern auch die Bemessungsgrundlagen für Sozialbeiträge und Krankenversicherung. Wer also 3.000 Euro brutto mit einer Leasingrate von 200 Euro auf 2.800 Euro drückt, zahlt sein Rad vom Brutto- statt (wie beim privaten Kauf) vom Nettogehalt. Ob sich diese Variante lohnt, ist ein kniffliges Rechenspiel, in das auch steuerpflichtige „geldwerte Vorteile“, die eigene Steuerklasse, der Preis des Rades und die Höhe des Einkommens einfließen. Angestellte sind für dieses Steuersparmodell auf den Arbeitgeber angewiesen. Der spart einen Anteil an den Sozialabgaben, muss dafür aber den Vertrag mit dem Leasingunternehmen abschließen (aus dessen Angebot sich der Angestellte dann sein Rad aussucht). Attraktiv wurde das Dienstradleasing durch die steuerliche Gleichbehandlung von Fahrrädern und Firmenautos. Informative Websites zum Thema: jobrad.org ; businessbike.de
+ Neumaterial, oft mit Servicevertrag
- komplexe Kosten-Nutzen-Rechnung