Uli Frieß
· 22.10.2021
Nabenmotoren waren hierzulande schon fast totgesagt. Eine verbesserte Sensorik und der Trend zu filigranen Rahmenformen bescheren den unscheinbaren Antrieben neuen Rückenwind.
Kleine Hinterradnabenmotoren erleben derzeit eine Renaissance. Die unauffälligen, leichten und leise laufenden Mini- Aggregate könnte man auf den ersten Blick auch für Nabengetriebe halten. Auch oder gerade weil sie deutlich sanfter ans Werk gehen als potente Mittelmotor- Kraftwerke, passen sie perfekt zu leichten und stylischen Urban Bikes und Gravel-Pedelecs. Die Antriebe verbrauchen weniger Energie und kommen deshalb mit kleineren Akkus aus. Auch das kommt den Konstrukteuren trendiger Stylebikes entgegen, denn die kleinen Energiespender verschwinden unauffällig auch in filigran dimensionierten Rahmenrohren. Weil sich die Sensorik der Motoren deutlich verbessert hat, fahren sich die Nabenmotoren nun auch viel intuitiver als noch vor wenigen Jahren.
Fast alle Antriebe dieser Klasse stammen aus Asien oder enthalten Bauteile von dort. Der Motor des Ampler Stellar ist ein chinesisch-estnisch-deutsches Gemeinschaftsprodukt. Die elektrischen Komponenten steuert der chinesische Hersteller Aikema bei, einige mechanische Teile sowie der Freilauf sind eine Eigenentwicklung des estnischen Radherstellers Ampler. Die Sensorik liefert die Alfred Thun GmbH aus Ennepetal. Ein rein chinesisches Produkt ist dagegen der Bafang-Motor im Hinterrad des BZEN Brussels. Beide Unternehmen, Aikema und Bafang, produzieren seit vielen Jahren elektrische Antriebskomponenten für den asiatischen Markt, ihre Antriebe finden sich immer häufiger auch in Pedelecs europäischer Hersteller. So rüsten beispielsweise De Rosa, Qwic, Vanmoof und Prophete einige Modelle mit Bafang-Motoren aus, Aikema liefert Antriebskomponenten für Ampler, Cowboy, Vanmoof und den Motorenhersteller Mahle. Der Trend zu leichten Pedelec- Motoren für Urban, Fitness-, Styleund Gravelbikes dürfte die Präsenz beider Hersteller hierzulande deutlich steigern. Sinnvolle Alternativen zu asiatischen Produkten gibt es im Low-Assist-Segment derzeit nicht viele. In Deutschland zählen die Antriebe des Münchener Mittelmotor- Herstellers Fazua und die Nabenmotoren der Ansmann AG aus Assamstadt
FAHRTEST
Nicht alles, was ein Antrieb kann, lässt sich auf einem Prüfstand abbilden und messen. Wie sensibel ein Motor auf den Pedaldruck reagiert und wie stark er beschleunigt, erfährt man nur während einer Testfahrt. Das gilt auch fürs Ansprech- und Abschaltverhalten. Der Antrieb muss beherrschbar einsetzen und beim Anfahren am Berg möglichst sofort anlaufen. Wenn man aufhört, zu treten, sollte der Motor sofort abschalten und nicht nachschieben.
PRÜFSTANDTEST
Auf unserem Rollenprüfstand haben wir die maximale Dauerleistung der Motoren gemessen. Dabei hat sich gezeigt, dass die Leistungsabgabe, abhängig von der Trittfrequenz (Kadenz), bei den Motoren mehr oder weniger stark differiert. Gemessen wurde bei 20 km/h und mit Kadenzen von rund 60, 70, 80 und 90 Umdrehungen pro Minute. Die Tretleistung des Fahrers haben wir mit 100, 120, 140, 160 und 180 Watt simuliert. Aus den Leistungskurven auf Seite 30 lässt sich neben dem charakteristischen Leistungsanstieg auch ablesen, bei welcher Kadenz und Tretleistung der Motor den Fahrer maximal unterstützt. Die maximale Motorleistung in jeder Unterstützungsstufe haben wir bei 70 Kurbelumdrehungen pro Minute gemessen.
Den kompletten Vergleichstest der Hinterradnabenmotoren aus MYBIKE 3/2021 inkl. aller Einzelbewertungen können Sie unter dem Artikel als PDF herunterladen. Der Test kostet 1,99 Euro.