E-Bike-MotorenBosch Performance Line und der Bosch Cargo Line im Test

Uli Frieß

 · 28.01.2023

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Foto: Bernhard Huber

Der Bosch Performance Line ist ein Allrounder-Antrieb und der Bosch Cargo Line ein Lastenrad-Motor. Wie unterscheiden sie sich in den technischen Daten?

Bosch hat mittlerweile sieben Antriebe in teils unterschiedlichen Versionen im Programm, darunter eine Race-Version des Performance Line CX. Im aktuellen Test haben wir uns mit weniger leistungsstarken Modellen des schwäbischen Herstellers beschäftigt: Dem Bosch Performance Line und dem speziell für Lastenräder abgestimmten Bosch Cargo Line. Mit der Performance Line zielt Bosch auf Trekking- und Allround-Pedelecs ab. Radhersteller setzen den Antrieb jedoch überwiegend im City- und Alltags-Segment ein. Mit einem maximalen Drehmoment von 65 Nm und einer Unterstützungsleistung von 300 Prozent eignet er sich sehr gut für diese Radklasse. Dazu passt die im Gegensatz zu früheren Generationen des Antriebs deutlich reduzierte Geräuschentwicklung des Performance Line.

Bosch Performance Line: Leise, sensibel gesteuert, natürliches Fahrgefühl.Foto: Bernhard Huber Munich
Bosch Performance Line: Leise, sensibel gesteuert, natürliches Fahrgefühl.

Boschs Cargo Line soll den speziellen Anforderungen von Lastenrädern genügen. Dazu gehört in erster Linie ein möglichst hohes Anfahrdrehmoment sowie eine potente, aber jederzeit beherrschbare Leistungsentfaltung. So viel sei vorweggenommen: Beide Anforderungen konnte der Antrieb während unserer Tests vollauf erfüllen. Das vom Hersteller angegebene maximale Drehmoment von 85 Nm hat der Cargo Line auf unserem Prüfstand sogar geringfügig übertroffen.

Vielfältige Möglichkeiten bei Akku und Display

Für Bosch-Antriebssysteme gibt es eine breite Palette unterschiedlich großer Energiespender. Ontube-Akkus zur Montage auf den Rahmenrohren oder am Gepäckträger gibt es zwischen 300 und 500 Wh, noch größere Versionen mit 545 und 725 Wh sind bauartbedingt von der Gepäckträgermontage ausgeschlossen. Die rahmenintegrierten Powertube-Akkus gibt es von 400 bis 750 Wh. Ähnlich umfangreich ist die Palette verfügbarer Displays und Bedieninstrumente. Sie reicht vom einfachen Kombiinstrument Purion über das bewährte Intuvia-Display und die smarten Bordcomputer Kiox und Nyon. Verschiedene Bediensatelliten und Remote Controller und eine Smartphone-Lösung, die das Display ersetzen kann, ergänzen das Portfolio.

Bosch Cargo Line: Hohes Anfahrdrehmoment, sanfte KraftentfaltungFoto: Bernhard Huber Munich
Bosch Cargo Line: Hohes Anfahrdrehmoment, sanfte Kraftentfaltung

Beide Antriebe unseres Tests, Performance Line und Cargo Line, sind zukünftig auch in Boschs Smartes System integrierbar. Das hebt die Motoren sowohl software- wie auch hardwareseitig auf ein noch höheres Level. Beim Performance Line steigt das maximale Drehmoment sogar um 10 auf 75 Nm an. Mit der Ebike-Flow-App lassen sich innerhalb des Smarten Systems unter anderem Tour- und Fitness-Daten per Smartphone aufzeichnen und Fahrmodi individualisieren. Über eine Bluetooth-Verbindung hält die App das komplette Motorsystem via Internet auf dem aktuellen Stand. Zusätzlich kann auf Wunsch Boschs neues ABS in das Antriebssystem integriert werden.



Bosch Performance Line

Eigenschaften wie Anlauf- oder Abschaltverhalten braucht man bei Bosch-Motoren nicht anzusprechen, sie waren schon immer tadellos. Die Performance Line macht da keine Ausnahme, der Motor reagiert sensibel auf den Pedaldruck, startet sanft bei einsetzendem Pedaldruck und nimmt die Leistung ebenso sanft zurück, wenn man die Beinkraft reduziert. Das Fahrgefühl bleibt natürlich, egal ,wie stark man in die Pedale tritt oder wie schnell sich die Kurbel dreht. Die Motorleistung liegt bei alltagsüblichen Kadenzen, von etwa 70 Umdrehungen bei circa 400 Watt, das reicht auch an steileren Anstiegen locker aus. Die Leistungsentfaltung lässt sich über gut differenzierte Unterstützungsstufen situationsabhängig sinnvoll einstellen.

Motorenleistung des Bosch Performance Line auf der höchsten Stufe in Abhängigkeit der Tretleistung. | Diagramm: MYBIKE
Motorenleistung des Bosch Performance Line auf der höchsten Stufe in Abhängigkeit der Tretleistung. | Diagramm: MYBIKE
Motorenleistung des Bosch Performance Line auf höchster Stufe in Abhängigkeit der Trittfrequenz. | Diagramm: MYBIKE
Motorenleistung des Bosch Performance Line auf höchster Stufe in Abhängigkeit der Trittfrequenz. | Diagramm: MYBIKE

Wie viel Leistung der Performance Line ans Hinterrad liefert, ist bis etwa 70 Kurbelumdrehungen von der Kadenz abhängig. Bis dahin bleibt der Leistungs-Output annähernd konstant, egal, ob man mit 100 oder mit 180 Watt in die Pedale tritt. Erst ab Kadenzen von über 70 steigt die Motorleistung mit der Tretleistung an und erreicht ihr Maximum von gut 500 Watt bei etwa 90 Kurbelumdrehungen. Wer dem Performance Line gerne eine sportliche Note mit progressivem Leistungsanstieg abringen möchte, darf also nicht zu langsam kurbeln. Die Drehmomentkurve überzeugt, sie bleibt bis in hohe Kadenzen auf einem erfreulich hohen Niveau. Die Herstellerangabe von maximal 65 Nm konnten wir auf unserem Prüfstand nachvollziehen.

Testrad mit Bosch Performance Line: Das I:SY E5 ZR RT

Das I:SY E5 ZR RTFoto: Bernhard Huber Munich
Das I:SY E5 ZR RT
  • Preis: 3849 Euro
  • Rahmen: Alu
  • Motor/Akku: Bosch Performance/500 Wh
  • Getriebenabe: Shimano Nexus 5, 1x5
  • Reifen: Schwalbe Pick-up Addix E Reflex 60-406
  • Gewicht: 22,9 Kilo

Bosch Cargo Line

Fahrer schwerer Lastenräder benötigen viel Kraft beim Anfahren. Antriebe von Transporträdern sollten deshalb schon bei niedrigen Kadenzen stark unterstützen. Ist die schwere Fuhre erst mal in Fahrt, muss der Motor zwar kraftvoll, aber auch weich auf den Pedaldruck reagieren. Stürmt der Motor impulsiv vorwärts, lässt sich die große Masse unter Umständen nur noch schwer kontrollieren. Beides kann der Cargo Line sehr gut, besonders sein hohes Anfahrdrehmoment kommt Lastenrad-Fahrern entgegen. Mit einer maximalen Dauerleistung von weit mehr als 500 Watt schiebt der Antrieb auch viel Masse über steilere Anstiege. Ein Überhitzen des Motors konnten wir auf unserem Prüfstand auch bei längerer „Vollgasfahrt“ nicht feststellen.

Motorenleistung des Bosch Cargo Line auf der höchsten Stufe in Abhängigkeit der Tretleistung. | Diagramm: MYBIKE
Motorenleistung des Bosch Cargo Line auf der höchsten Stufe in Abhängigkeit der Tretleistung. | Diagramm: MYBIKE
Motorenleistung des Bosch Cargo Line auf höchster Stufe in Abhängigkeit der Trittfrequenz. | Diagramm: MYBIKE
Motorenleistung des Bosch Cargo Line auf höchster Stufe in Abhängigkeit der Trittfrequenz. | Diagramm: MYBIKE

Schon bei niedrigen Kadenzen liefert der Bosch Cargo Line gut 300 Watt ans Hinterrad. Dreht sich die Kurbel schneller, steigt die Motorleistung flott auf 400 Watt. Bis zu einer Kadenz von knapp 50 Pedalumdrehungen ist die Leistungsentfaltung unabhängig von der Pedalkraft. Das verhindert bei langsamer Fahrt einen ungewollten Leistungssprung beim Erhöhen des Pedaldrucks. Erst bei höheren Kadenzen steigert der Motor seine Leistung mit wachsender Pedalkraft progressiv. Als maximales Drehmoment haben wir 90 Nm gemessen, es bleibt bis zu einer Kadenz von 64 Umdrehungen auf sehr hohem Niveau. Das hilft Lastenradfahrern effektiv beim Anfahren und am Berg.

Testrad mit Bosch Cargo Line: Moustache Lundi 20.3

Das Moustache Lundi 20.3Foto: Bernhard Huber Munich
Das Moustache Lundi 20.3
  • Preis: 5999 Euro
  • Rahmen: Alu
  • Motor/Akku: Bosch Cargo Line/1.000 (2 x 500) Wh
  • Schaltung: Shimano Deore, 1x10
  • Reifen: Kenda Kid Block 62-406
  • Gewicht: 34,8 Kilo

So haben wir getestet:

Fahrtest der zwei Bosch-Motoren

Nicht alles, was ein Antrieb kann, lässt sich auf einem Prüfstand messen. Wie sensibel ein Motor auf den Pedaldruck reagiert und wie stark er beschleunigt, zeigt sich nur auf einer Testfahrt. Das gilt auch fürs Ansprech- und Abschaltverhalten. Der Antrieb muss beherrschbar einsetzen und beim Anfahren am Berg möglichst sofort anlaufen. Wenn man aufhört, zu treten, sollte der Motor sofort abschalten und nicht nachschieben.

Prüfstandtest

Die maximale Dauerleistung der Motoren haben wir auf unserem Prüfstand gemessen. Sie differiert, abhängig von der Trittfrequenz (Kadenz), mehr oder weniger stark. Gemessen wurde bei 20 km/h und, je nach Gangabstufung, mit unterschiedlichen Kadenzen zwischen etwa 30 und 90 Umdrehungen pro Minute. Die Tretleistung des Fahrers haben wir mit 100, 120, 140, 160 und 180 Watt simuliert. Aus den Kurven auf S. 42 lässt sich der Leistungsverlauf abhängig von Kadenz und Tretleistung ablesen. Das Drehmoment haben wir bei 20 km/h und 140 Watt Tretleistung gemessen.