Fahrradreifen – der aktuelle Stand

Kai Hilbertz

 · 30.06.2016

Fahrradreifen – der aktuelle StandFoto: Daniel Simon
Fahrradreifen – der aktuelle Stand

Tubeless-Ready-Reifen sind in aller Munde. Wie bedeutend sind die Vorteile der neuen Technologie, was sind ihre Nachteile? Hier das Update auf den aktuellen Stand.

Eigentlich ist die Sache klar. Historisch gesehen, sind bei Fahrrädern Tubeless-Reifen, zu deutsch schlauchlose Reifen, längst überfällig. Schließlich fahren Autos seit den 1950er Jahren mit dieser Reifenart, Ende der 70er Jahre fing der Siegeszug von schlauchlosen Reifen bei Motorrädern an.

Was sind die Vorteile dieser Reifentechnologie, die jetzt langsam auch bei Trekking- und Tourenreifen zum Einsatz kommt? Erstens kann durch den Verzicht auf einen Schlauch keine Reibung mehr zwischen dem Schlauch und dem Reifen entstehen – die sogenannten Walkeigenschaften werden verbessert, der Rollwiderstand sinkt.

Zweitens kann, je nach Konstruktion, ohne Schlauch Gewicht eingespart werden. Obwohl die ersten Tubeless-Reifen mit ihren dicken Seitenwänden keinen Gewichtsvorteil hatten, sind moderne Tubeless-Ready-Reifen mittlerweile leichter als konventionelle Reifen mit Schlauch. Der Blick auf das Gewicht bei Reifen und Felgen lohnt: Sie werden ständig beschleunigt und gebremst, und sind ungefederte Masse.

  Neuartiger Kunststoffschlauch: der Schwalbe EVO 19E.Foto: Thomas von der Heiden
Neuartiger Kunststoffschlauch: der Schwalbe EVO 19E.

Die ersten Tubeless-Reifen wurden 1999 für Mountainbikes konzipiert. Tube-less-Reifen können, und Tubeless-Ready-Reifen müssen mit einem Reifendichtmittel, der Dichtmilch, betrieben werden. Dadurch werden kleine Löcher automatisch beim Fahren nach ein paar Umdrehungen abgedichtet – ein toller Pannenschutz. Es ist kein Zufall, dass sich Tubeless am schnellsten in Ländern und Gebieten durchgestzt hat, in denen es viele Dornen und/oder Kakteen gibt: Frankreich, Italien, Spanien, dem mittleren Westen und der Westküste der USA.

Drittens kann bei einem Durchschlag kein Schlauch mehr zwischen dem Boden und der Felge eingequetscht werden – die berüchtigten „Snake Bites“ oder Quetschrisse gibt es nicht mehr. Dadurch können schlauchlose Reifen mit weniger Luftdruck im Gelände gefahren werden. Bei korrekt angepasstem Druck führt das zu mehr Komfort und Traktion. Diese Vorteile überzeugen immer mehr Mountainbiker im Raum D-A-CH.

Bei Rennrädern sind Tubeless- und Tubeless-Ready-Reifen seit 2006 auf dem Markt, setzen sich aber erst seit wenigen Jahren durch. Bei Trekkingrädern sind Tubeless-Ready-Reifen noch recht neu, sie werden v. a. vom Marktführer Schwalbe propagiert. Schlauchlose Reifen haben in der Handhabung jedoch nach wie vor konkrete Nachteile. Alle Details zu Tubeless-, Tubeless Ready, Dichtmilch, zum Flicken und Aufpumpen in unserer Übersicht zu den Reifen-Systemen.

Fazit:

Sind schlauchlose Reifen die bessere Lösung? Sie sind unerreicht beim Pannenschutz, sie haben tendenziell weniger Rollwiderstand, und sie können mit besserer Traktion im Gelände gefahren werden. Ist also alles paletti für die Tubeless-Zukunft? Nicht ganz.

Auch 17 Jahre nach ihrer Einführung bleiben Tubeless- und Tubeless-Ready-Reifen kompliziert in der Handhabung. Manche Kombinationen von Felgen und Reifen sind äußerst schwierig zu montieren, oft gelingt dies nur mit einem Kompressor oder mit einer Spezial-Standpumpe. Die Dichtmilch kann größere Löcher nicht abdichten, manchmal verklebt sie die Ventile, und sie muss alle paar Monate erneuert werden. Wer diesen Aufwand nicht scheut, kann mit Tubeless durchaus glücklich werden. Aber der Radler, der sich nicht ständig kümmern will, fährt derzeit wohl besser mit Schlauch.

Der komplette Artikel stand in Trekkingbike-Ausgabe 3/2016.

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