Stefanie Weinberger
· 29.05.2020
Der Fahrradllenker als Ergonomie-Bauteil? Vor allem die Krümmung und die Erhöhung beeinflussen den Komfort.
Im Vergleich zu manchen skulpturenartigen Griffen oder anderen High-End-Bauteilen am Rad scheint der Fahrradlenker ein vergleichsweise simples Produkt zu sein. Er soll ja nicht viel mehr leisten, als die Lenkimpulse weiterzugeben. Doch abhängig von der Sitzposition und damit dem Druck, der auf den Händen lastet, hat die „Lenkstange“ eine nicht zu unterschätzende Bedeutung. So bestimmt ihre Griffhöhe, zusammen natürlich mit der Vorbaulänge und der restlichen Geometrie des Rahmens, wie sich das Körpergewicht auf Sattel und Lenker verteilt.
Ergonomisch günstig gilt hier eine Aufteilung von etwa 50:50. Lastet mehr als die Hälfte des Körpergewichts auf dem Lenker, können die Hände schneller ermüden, und es empfiehlt sich, gegenzusteuern. Sogenannte Rise-Lenker erhöhen durch ihre Biegung nach oben die Lenkhöhe.
Komfortlenker für Trekkingräder haben oft einen gewissen Rise, sodass der Fahrer aufrechter sitzt und damit Hände und Nacken entlasten kann. Führt die Biegung dagegen nach hinten und/oder unten, wird die Lenkstange zum Lenkbügel, der die Handgelenke in eine geradere Linie und die Ellenbogen ein wenig nach unten bringt. Beides kann Nervenstränge schonen, ermöglicht besseres Abfangen von Stößen – und es fühlt sich für viele Alltags- oder Tourenradfahrer stimmiger und bequemer an. Lenkerhörnchen schaffen eine weitere Griffposition.
Eine flache und gerade Lenkstange, auch Flatbar genannt, ist meistens an Fitnessbikes oder anderen sportlich ausgelegten Rädern zu finden. Der Grund: Sie fördern eine aerodynamische Sitzposition und übertragen Lenkbewegungen sehr direkt. Die Handgelenke müssen darauf jedoch abknicken, sodass mehr Druck auf die Außenseiten kommt. Ergonomisch ist das nicht die Ideallösung, doch manche kommen mit der Sport-Stange dennoch gut zurecht.
Wenn der Lenker die Biege macht, müssen das nicht die Handgelenke tun. So verläuft die Kraftlinie vom Arm zur Hand bei einer Kröpfung nach hinten geradliniger. Als günstig gilt ein Winkel von circa 35 Grad. Zusätzlich weisen manche Ergo-Lenker noch eine Krümmung nach oben oder um rund 10 Grad nach unten auf. Der abgebildete Lenker beispielsweise erhält so die bekannte Schwalbenform, die gewissermaßen als Urahn aller Ergo-Lenker gelten kann.
Die beste Position ist oft nicht eine einzige: Lenkerhörnchen bzw. Barends ermöglichen es, umzugreifen, wodurch sich gestresste Bereiche erholen können. Auch bergauf kann es effizienter für die Kraftübertragung sein, den Lenker an den Hörnern zu packen. Dieteils geweihartig ausladenden Fortsätze vergangener Zeiten sind meist zu Griffstummeln geschrumpft, die per Innenklemmung montiert werden und als Einheit mit dem Griff konzipiert sind (z. B. Ergon GP4).