Jörg Spaniol
· 11.11.2022
Hochwertige Fahrräder rollen oft mit Billig-Pedalen aus dem Laden. Doch schon ab 35 Euro lässt sich das Fahrgefühl spürbar verbessern. Neun Pedale wurden auf Alltagsprobleme getestet. Zum Korrosionstest kam ein Dichtungstest und die Überprüfung der Standfestigkeit auf dem Pedal.
Am Anfang hat es nur beim Anfahren geknarzt. Dann kam ein Knacken bei jeder Pedalumdrehung. Doch weil der Verfall so allmählich voranschreitet, erträgt man sein Billigpedal lange – genau wie die immer tieferen Sägespuren in der Schuhsohle. Wie schlecht es wirklich war, zeigte sich erst durch die Performance des gründlich gewählten Ersatzes: Kein Geräusch. Keine spürbaren Kanten. Sicherer Stand ohne Schuhschäden.
Die wichtigsten Anforderungen an ein Wohlfühl-Pedal sind rasch eingekreist. Am spürbarsten sind Größe, Form und Beschaffenheit der Pedaloberfläche. Im Alltag kommen häufig weiche Schuhsohlen zum Einsatz, die am besten auf möglichst großer Fläche stehen. Selbst kleinere Männerschuhe sind unterm Ballen etwa zehn Zentimeter breit. Ragt der Fuß, wie beim schmalsten Pedal im Test, drei Zentimeter über die äußere Kante hinaus, fühlt sich das höchstens mit versteiften Bikeschuhen gut an.
Groß ist prinzipiell gut, und je schwerer oder trittstärker jemand ist, desto wichtiger ist eine ausreichend große Fläche – auch wenn Ergotecs flächiges Kunststoffpedal für durchschnittliche Bedürfnisse übers Ziel hinausschießt. Einen unauffälligeren Sonderweg für mehr Tret-Komfort beschreitet SQ Lab mit einem Pedal, das in verschiedenen Achslängen produziert wird. Die Idee dahinter: Wer mit den Zehen nach außen rotiert tritt, könnte mit den Fersen gegen den Rahmen stoßen, wenn der Fußballen korrekt über der Achse steht. Die weiter außen stehende Trittfläche soll eine entspannte Fuß- und Knieposition erleichtern.
Auch Unebenheiten der Trittfläche bewirken einen Komfort-Unterschied, weshalb wir das hochklassige, aber etwas zerklüftete Shimano-Tourenpedal eher für stabilere Schuhe empfehlen. Die nur 1,5 Millimeter hohen Schräubchen, die für guten Grip aus der Trittfläche herausragen, schädigen dagegen auch weiche Gummisohlen nicht. Noch stadtfeiner sind große Gummiflächen wie beim wuchtigen Look-Modell oder das immer weiter verbreitete Griptape. Das Material erinnert an sehr robustes Schleifpapier und kommt schon lange auf Skateboards oder an Treppenstufen zum Einsatz. Es glänzt mit perfektem Nässegrip auf Gummisohlen und verschleißt erstaunlich wenig. Und die griffigen Pads sind – großer Vorteil von Qualitätsprodukten – bei den Modellen von Ergotec, Moto und Procraft als Ersatzteil zu bekommen. Selbst für Vielfahrer dürfte sich das Wechselintervall in Jahren bemessen.
Die Ausreißer im Test sind zwei Paar Kombipedale mit einer Klickpedal-Bindung und einer normalen Trittfläche. Wir empfehlen sie vor allem für den sportlichen Touren- und Reiseeinsatz, denn im Stop and Go des Stadtverkehrs ist immer ein wenig Aufmerksamkeit nötig, um auf der richtigen Seite zu landen. Beide Modelle sind mit den verbreiteten Stahl-Schuhplatten von Shimano kompatibel und durch die Bindung etwas schwerer als reine City-Pedale.
Im Labor haben wir die technische Wertigkeit der Pedale untersucht. Bei ganzjährig benutzten Rädern ist Rost ein harter Gegner. Zwei Tage im MYBIKE-Salznebel simulieren sicher keinen kompletten Winterbetrieb, doch erste Rost-Opfer wurden sichtbar. Während das Gros der Pedale höchstens kleinflächig Flugrost an den Achsgewinden ansetzte, zeigten sich die Alu-Oberfläche und der Federmechanismus des M-Wave-Kombipedals eher schutzlos. Was die höherwertigen Pedale unseres Testfelds von den meist billigen Teilen der Erstausrüstung unterscheidet, ist eine solide Lagerung. Bei wirklich simplen Konstruktionen kann man von außen ins Lager schauen – eine Einladung an zerstörerisches Salzwasser.
Wir haben die Testpedale nicht nur einem Dichtungstest unterzogen, sondern sie auch zerlegt. Neben den wenig gedichteten Einfach-Lagerungen bei Ergotec und Moto ähneln sich die Achslager des breiten Mittelfeldes (CT, M-Wave, Procraft, SQ Lab und Sixpack) sehr: Zur Kurbel hin schleift eine Gummilippe dichtend auf der Achse. Die ist im Hauptteil präzise rund geschliffen und dreht sich in einem Gleitlager aus speziellem Kunststoff oder Lagerbronze. Dieses Gleitlager trägt die Hauptlast. Am Ende nehmen ein oder zwei kleine Kugellager noch einmal Körpergewicht auf und hindern den Pedalkörper daran, einfach von der Achse zu rutschen. Die Toplösungen von Look und Shimano funktionieren ähnlich, sind aber größer dimensioniert, noch etwas besser verarbeitet und geschmiert – und man bekommt die ganze Lagerung plus Achse als Ersatzteile. Bei diesen im Radsport bewährten Lagerungen wird so schnell nichts knarzen oder schlackern.
Nicht wissenschaftlich, aber dafür praxisnah: Beim Labortest der Nachrüst-Pedale stehen Korrosion und Lagerqualität im Fokus.
Wie oft bricht tatsächlich ein Pedal mittlerer bis hoher Qualität? Nach unserer Kenntnis und Erfahrung eher selten. Weil etablierte Prüfnormen sich mit maximalem Aufwand vor allem auf solche Sicherheitsfragen konzentrieren, haben wir uns mit Hausmitteln um die Überprüfung praxisnaher Probleme bemüht. Im Korrosionstest werden die zuvor äußerlich entfetteten Pedale mehrfach einem Salz-Sprühnebel von Nordsee-Qualität ausgesetzt. Den Umfang der sichtbaren Korrosion bewerten wir.
Zur Überprüfung der Dichtungen der Pedallager drehen sich die Achsen der fixierten Pedale etwa 10.000 Mal, während eine scheuernde Emulsion mit feinstem Sand und Tensiden auf der Dichtung steht. In vorab durchgeführten Versuchsläufen glichen die Ergebnisse den Erfahrungen mit Pedalen, die im Dauergebrauch verschlissen waren. Nach dem Korrosions- und Dichtungstest wurden die Pedale komplett zerlegt und die Lagerqualität beurteilt.
Zur Beurteilung des Stands auf dem Pedal kamen – dem Einsatzbereich der meisten Pedale entsprechend – Alltagsschuhe mit eher dünnen Gummisohlen zum Einsatz. Mit den versteiften Sohlen von Bikeschuhen wären die Unterschiede deutlich geringer.
In der Mischung der von uns untersuchten Kriterien überzeugt das Procraft-Pedal für preisbewusste Alltagsradler. Das etwas sportlicher anmutende Sixpack-Modell spart für mehr Geld ein paar Gramm und sammelt durch die Farbwahl Sympathiepunkte in der Stilwertung. In der Kategorie der Kombipedale für Touren bleibt das sehr gut konstruierte und gefertigte Shimano-XT-Modell unangefochten.
Die detaillierten Testergebnisse zu den einzelnen Pedalen im Test lesen Sie weiter unten.
Das rechte und linke Pedal haben unterschiedliche Gewinde. In Fahrtrichtung rechts ist es ein Rechtsgewinde, links ein Linksgewinde. Praktische Folge: Um Pedale zu lösen, dreht man auf beiden Seiten rückwärts, also gegen die Fahrtrichtung. Um neue Pedale einzuschrauben, dreht sich der Schraubenschlüssel vorwärts. Das Pedalgewinde gut fetten!
Mit 50 Gramm Vorsprung sichert sich das hübsch gemachte „Spurt“ den Sieg beim Gewicht. Die Lagerung auf einer Kunststoff-Buchse plus kleinem Rillenkugellager ist guter Standard, die Oberfläche des Pedalkörpers schick eloxiert. Ein wenig Flugrost auf den Schlüsselflächen führt zu Punktabzug, doch ins Lager drang kein Labor-Schmutz. Trotzdem können wir das Pedal nur eingeschränkt empfehlen: Mit nur sieben Zentimeter Breite ist die Trittfläche sehr schmal, die wenigen, aber spürbaren Pins und die Pedalform an sich machen die Oberfläche für Alltagsschuhe wenig komfortabel. Auch das Fehlen von Reflektoren weist eher auf andere Einsatzbereiche hin.
Hübsch, leicht und eher teuer. Gut für den Sonntags-Singlespeeder.
Ergotec übernimmt mit seinem XL-Pedal eine Nische, in der zuvor Ergon zu Hause war. Die riesige, leicht einwärts gebogene Trittfläche ist komplett mit Gripmaterial beklebt und so groß, dass der gesamte Vorderfuß draufpasst. Zwei erhöhte Teile an der Innenseite dienen als Anschlag für die Schuhsohle und definieren die richtige Fußstellung. Die Druckverteilung ist entsprechend sehr gut – es ließe sich sogar barfuß oder mit Flipflops fahren. Weniger gut ist die für diese Preisklasse etwas einfache Lagerung auf zwei Gleitbuchsen ohne zusätzliche Elastomerdichtung. In unserem Lagertest drang etwas Test-Schmutz ein.
Nicht jeder braucht so viel Fläche und Positionierung. Doch bequem ist das Pedal definitiv.
Die französische Firma Look stellte in den 80er-Jahren die ersten modernen Klickpedale für Rennradler her. Die große Erfahrung mit der Achslagerung merkt man auch dem robust konstruierten „Trail Grip“ an. Sollte die dichte, satt laufende Lagerung wider Erwarten schwächeln, wäre sie sogar als Ersatzteil erhältlich. Die Standfläche ist fast so groß wie bei Ergotec und mit (vier farblich wählbaren) austauschbaren Gummi-Oberflächen des Sohlenherstellers Vibram belegt. In der von uns getesteten „Trail“-Variante ragen acht hohe, harte Kunststoffstollen daraus hervor. Mit dünnen Sohlen sind sie unangenehm spürbar, die „Geocity“-Variante kommt ohne sie aus.
Technisch ist das alles gut gemacht, doch mit 550 Gramm pro Paar sehr schwer. Daher eher für E-Biker mit großen Füßen.
Ob die Form nur zufällig an ein Apple-Smartphone erinnert? Das in Berlin designte Moto-Pedal sticht durch sein reduziertes Design und sechs farblich wählbare Reflektor-Klebstreifen aus dem Angebot hervor. Mit 15 Millimeter Höhe baut es zudem superflach. So reduziert wie die Optik ist auch die Technik: Die Stahlachse läuft ohne irgendeine Gleitbuchse oder Kugellager direkt im Pedalkörper. Freunde feiner Mechanik rümpfen die Nase ob der primitiven, etwas ruckeligen Lagerung, doch im Betrieb fällt das nicht auf. Wirksam gedichtet oder üppig gefettet ist das Pedal jedoch nicht, sodass die Test-Suppe locker ins Lager schwappte und es auf Dauer beschädigt hätte. Der Stand auf der großen, griffigen Fläche ist komfortabel.
Erfrischend anders, doch für die simple Technik eher teuer.
Es war Liebe auf den ersten Blick – aber auf den zweiten nicht mehr: Das zierliche Kombipedal aus dem breiten Sortiment des Großhändlers Messingschlager wirkte zunächst wie eine elegante, leichte und preiswerte Alternative zu Shimano-Produkten – zumal es deren SPD-Platten akzeptiert. Doch kein anderes Pedal litt im Korrosionstest so massiv wie dieses. Bindungsmechanik, Federn und Alu-Pedalkörper sahen nach kurzem Salznebel aus wie einen ganzen Winter gefahren. Zudem gewährt die Bindung eingeklickt sehr wenig seitliche Beweglichkeit für die Ferse, während die Turnschuh-Pedalfläche auf der Gegenseite mit 7,5 Zentimetern unbequem schmal geraten ist. Der Lieferant selbst wollte ein anderes Pedal seiner Hausmarke schicken. Wir hätten auf ihn hören sollen.
Offenbar sind 50 Euro zu billig für ein solides, wintertaugliches Kombipedal.
Die Procraft-Pedale repräsentieren die preiswerte Seite der technischen Mittelklasse im Test. Sie sind mittelschwer und mittelgroß – aber insgesamt richtig gute Pedale fürs Stadt- und Alltagsrad. Flächig in den Kunststoffkörper verklebtes Griptape macht sie auch bei Nässe griffig, und sollte Salz im Wasser sein, widerstehen sie laut unserem Salznebeltest auch lange dem Rost. Das per Schleifdichtung geschützte Gleitlager ist mit einer Metallbuchse verstärkt und gut geschmiert, außen sitzen zwei Rillenkugellager. Die Trittfläche ist fast so groß wie bei Moto und auch mit dünnen Sohlen komfortabel, das Griptape ist als Ersatzteil erhältlich. Das Procraft-Pedal wird baugleich auch von anderen Marken wie XLC vertrieben.
Unser Preis-Leistungs-Sieger für Stadt und Alltag.
Das Zweite der Kombipedale im Vergleich ist mehr als doppelt so teuer wie sein Konkurrent von M-Wave. Shimanos Komponentenserie „Deore XT“ gehört zum Nobelsten, was aus der Großserie an Trekking- und Tourenbikes geschraubt wird. Die Pedale „PD-T8000“ bestätigen dieses Niveau. Die ohnehin langlebigen Lager sind als Ersatzteile zu bekommen, ebenso Teile der Bindungsmechanik und sogar die Lagerkügelchen und die etwa zwei Millimeter hohen Pins der bindungslosen Seite. Unser Korrosionstest ging fast spurlos am Pedal vorüber, ebenso die Lagerprüfung. Die niedrigen Pins bieten viel Grip, ohne Gummisohlen zu beschädigen. Mit dünnen Sneakern sind andere Pedale komfortabler.
Für Citybikes gibt es praktischere Pedale. Doch das XT-Pedal ist der Maßstab für Reisen und sportliche Touren.
Die Marke Sixpack Racing ist im Mountainbikesport zu Hause und bedient dort unter anderem eine Klientel, die ihr Bike mit farbig eloxierten Teilen aufhübschen will. Entsprechend ist auch ihr einziges „Normalradler-Pedal“ nicht nur in Schwarz wie das Testmuster, sondern in mehreren Farben erhältlich. Sein ebener Alukörper hat über der Achse einen Streifen Griptape, an den Kanten eher sanfte Zacken, die Gummisohlen nicht beschädigen. Der Stand auf dem Pedal ist sicher und bequem, wenn auch nicht ganz so sanft wie bei Ergotec, Moto oder Procraft. Unser Korrosionstest hinterließ eine kleine Rostpocke an der Achse, die Lager (polierte Achse auf Spezialkunststoff, ein Rillenkugellager) hielten dicht.
Ein leichtes, hochwertiges Pedal für Ästhetinnen und Ästheten.
Die Ergonomie-Spezialisten von SQ Lab wollen für Menschen mit eher o-beiniger Fußposition (Fersen stark nach innen gedreht) oder orthopädischen Problemen die Fersenfreiheit beim Treten vergrößern. Dafür bieten sie das Pedal 521 mit verlängerten Achsen an. Unser Testmodell hatte 8 Millimeter mehr Baubreite, eine andere Variante bietet 15 Millimeter mehr Freiheit. Zumindest die getestete Variante konnte damit nicht komplett überzeugen, denn der relativ kleine Pedalkörper erreichte mit verlängerter Achse nur dieselbe Distanz zur Kurbel wie die ohnehin breiteren Modelle von Procraft und Shimano. Das geringe Gewicht geht einher mit sehr zierlichen Aufstandsflächen, die bei dünnen Sohlen spürbar sein können. Das technische Niveau entspricht dem Durchschnitt im Test. Die hohe Punktzahl verdankt es auch seinem geringen Gewicht.
Bei entsprechenden Problemen am besten gleich die XL-Variante nehmen.
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