Daniel Simon
· 03.05.2023
Zwischen Leipzig und Merseburg lag viel Altes im Dornröschenschlaf und wurde die letzten Jahre mit viel Liebe wieder zum Leben erweckt. Zwei Tourentipps für eine Fahrradwochenende in Leipzig.
Leipziger Neuseenland? Ehemaliges Braunkohlerevier? Als wir am frühen Abend im Ferienresort Kulkwitzer See einrollen, wähnen wir uns eher in Skandinavien. Bunte Holzhäuser, Finnhütten und ein Bilderbuchblick durch mannshohes Schilf aufs Wasser in der klaren Abendsonne lassen uns eher an eine Halbinsel in den südschwedischen Schären denken. Nur ein perfekt restaurierter und liebevoll in den Clubfarben von Dynamo Dresden lackierter QEK-Junior-Wohnwagen mit Trabant als Zugwagen auf der Campingwiese deutet an, dass wir unser Reiseziel in Sachsen erreicht haben.
Am ersten Tourtag rollen wir auf kleinen Straßen und Radwegen über das flache Land. Eine erste Rast bietet sich an beim schön renovierten Schloss Altranstädt mit seinem kleinen Museum zum Nordischen Krieg und dem Altranstädter Frieden zwischen Schweden und Sachsen im Jahr 1706. Auch die nächsten Orte auf dem Weg, wie Kötzschau mit seinem kleinen Eisenbahnmuseum oder das von Störchen bewohnte Luppenau bieten herrliche alte und gut gepflegte Bausubstanz und liegen wie Oasen inmitten der ausgedehnten landwirtschaftlichen Ackerflächen. Schon von Weitem heben sich die Raffinerietürme von Leuna gegen den Himmel ab, etwas nördlicher auch die Dom- und Schlosstürme der Hochschulstadt Merseburg.
Nach einem Besuch des romanisch-gotischen Doms und des Barockschlosses mit Schlossgarten und Orangerie begleiten wir die Saale ein Stück flussaufwärts. Im Örtchen Wüsteneutzsch ragt eine riesige Ruine aus Stahlbeton aus den Wiesen. Ab 1933 begannen die Arbeiten am damals größten Bauprojekt des Deutschen Reiches. Der Elster-Saale-Kanal sollte Leipzig über das norddeutsche Wasserstraßennetz mit dem Meer verbinden. 1942 wurden die Arbeiten, da nicht als kriegswichtig eingestuft, eingestellt. Seitdem schlummert die 85 Meter lange, unvollendete Schleuse, die einst für 1000-Tonnen-Kanal-Schiffe projektiert war, vor sich hin.
Am zweiten Radtourtag starten wir vom Kulki, wie die Leipziger ihren beliebten Badesee nennen, Richtung Süden, um einen Teil des Leipziger Neuseenlandes zu erkunden. Bereits ab 1963 geflutet und zehn Jahre später als Naherholungsgebiet freigegeben, sieht man dem eingewachsenen See nicht mehr an, dass er im Braunkohletagebau ausgehoben wurde. Die historischen Bahnhofsgebäude zeugen noch davon, dass der Radweg nach Lützen über eine alte Bahntrasse verläuft. Hinter Zitzschen landen wir direkt beim Aussichtspunkt am Ufer des Zwenkauer Sees und erfahren an großen Schautafeln, wie die „Bergbaufolgelandschaft“ aus dem ehemaligen Tagebaurevier entstand. Zwischen 2007 und 2015 wurde der See geflutet. Mit dem Kulkwitzer See vor Augen kann man sich vorstellen, wie der noch sehr künstliche, junge Uferbereich in einigen Jahrzehnten aussehen wird.
Über das beliebte Freizeitrevier im Süden Leipzigs, den Cospudener See oder „Cossi“, führt unsere Route durch den Elster-Pleiße-Auwald Richtung Leipzig. Im Clara-Zetkin-Park scheint sich an schönen Tagen die halbe Stadt zu vergnügen, ob im Biergarten der Galopprennbahn Scheibenholz oder beim Bootsfahren auf dem Elsterflutbett. Der wunderschön angelegte Park führt uns bis ins Zentrum Leipzigs. Um zum Alten Rathaus zu gelangen, müssen wir nur eine Straße überqueren. Ein kleiner Stadtbummel oder ein Kneipenbesuch im Barfußgässchen steht vor der Weiterfahrt noch auf dem Programm. Wenn dann noch ein spontanes Konzert auf der Sachsenbrücke zum Zuhören einlädt, findet man die letzten Kilometer zurück zum Kulki auch im Dunkeln.
Die Fahrt Richtung Merseburg verläuft über asphaltierte Radwege und kleine Straßen. Hinter Schladebach müssen wir ein kleines Stück über eine größere Landstraße. Nach einer kurzen Schotterfahrt bis Merseburg wieder auf den Radweg. Die Innenstadt durchqueren wir schiebend durch die kurze Fußgängerzone. Nach einem kleinen Abstecher auf dem Saaleradweg biegen wir wieder auf kleinere Straßen und gelegentlich Feldwege ab. Auf teils asphaltiertem, teils geschottertem Untergrund folgen wir die letzten Kilometer dem Radweg entlang des Ostufers des Kulkwitzer Sees zurück zum Ferienresort.
Die GPS-Daten zur Radtour von Leipzig nach Merseburg finden Sie in der MYBIKE Collection auf komoot
Die Strecke vom Vortag entlang des Kulkwitzer Sees bis zum Südufer. Zwischen Göhrenz und Seebenisch auf fein asphaltierter alter Bahntrasse. Bis zum Zwenkauer See folgen wir wenig befahrenen Landstraßen und Feldwegen. Die Radwege entlang des Zwenkauer und Cospudener Sees sind geschottert. Durch den Auwald und den Clara-Zetkin-Park fahren wir über glatte Wald-, feine Schotterwege sowie asphaltierte Strecken. Der Rückweg zum Kulkwitzer See durch die Vorstadt ist meist asphaltiert.
Die GPS-Daten zur Neuseenrunde finden Sie in der MYBIKE Collection auf komoot
Ferienresort Kulkwitzer See
Idyllisch auf einer Landzunge gelegen, bietet das Ferienresort einen Campingplatz, kleine Finnhütten und schöne Schwedenhäuser und -bungalows.
Seestraße 1, 04207 Leipzig, Tel. 0341/710770, www.leipzigseen.de/uebernachten/campingplaetze/campingplatz-kulkwitzer-see
Hotel Markgraf Leipzig (bett + bike), Könnerstraße 36, 04107 Leipzig, Tel. 0341/303030, www.markgraf-hotel-leipzig.com
Die Rennbahn-Gastronomie an der Leipziger Galopprennbahn liegt wunderschön im Clara-Zetkin-Park. Vom Biergarten aus kann man zum Beispiel bei Matjestatar mit Roter Bete auf Kartoffelpuffer den Ruderern und Kanuten am Zusammenfluss von Pleiße und dem Elsterflutbett zusehen. www.rennbahn-leipzig.de
ASB Die Fahrradwerkstatt, zweimal in Leipzig, Touren-räder ab 10 Euro, E-Bikes ab 30 Euro, www.asb-diefahrradwerkstatt.de
Kanufahren auf dem Kulkwitzer See, Bootsverleih Wittig, Tel. 0177/5025708, www.kanuverleih.de/index.php/standorte/bootsverleih-am-kulkwitzer-see
Belantis Abenteuer-Reich, großer Vergnügungspark für die ganze Familie zwischen Zwenkauer und Cospudener See, www.belantis.de
Eisenbahnmuseum Bayerischer Bahnhof zu Leipzig, mit Dampfseminaren und Dampfsonderfahrten, www.dampfbahnmuseum.de
Allgemeine Infos erhält man bei der Tourist Information Leipzig, Katharinenstraße 8, 04109 Leipzig, Tel. 0341/7104260, www.leipzig.travel