Jörg Spaniol
· 10.02.2015
Überraschend grün und ausgesprochen südlich: Bevor die Sommerurlauber kommen, lockt Korfu Tourenradler zur Saisoneröffnung. Vor allem die flachere Südhälfte der Griechen-Insel reizt zum Flanieren per Rad.
Allgemein
Korfu ist die nördlichste der größeren griechischen Inseln. Es liegt nur zwei Kilometer vor dem Festland auf Höhe der albanisch-griechischen Grenze. Die Insel ist etwa 60 Kilometer lang und maximal 25 Kilometer breit. In der Nordhälfte erhebt sich das Gebirge bis auf gut 900 Meter, die von uns besuchte Südhälfte kommt selten höher als 400 Meter. Korfu gilt wegen seiner Vegetation als "grüne Insel". Schattenspendende Olivenbäume (angeblich vier Millionen) sind allgegenwärtig, nur selten gibt es baumlose Passagen mit Fernsicht.
Der hier beschriebene Inselsüden ist touristisch etwas weniger erschlossen als der Norden, doch wenigstens eine Taverne hat fast jeder Ort. Radwege sind praktisch unbekannt, daher verläuft diese einfache bis mittelschwere Rundreise fast ausschließlich auf verkehrsarmen, manchmal rauen Nebenstraßen. Die besten Rad-Reisezeiten sind Mai/ Juni (mit einem noch sehr kalten Meer) und September/ Oktober. Im Hochsommer ist es deutlich zu heiß und zu voll.
Anreise
Als sehr etabliertes Ziel deutscher Sommerurlauber wird Korfu ab Anfang Mai von diversen Airlines angeflogen. Die üblichen Preise für Hin- und Rückflug beginnen bei etwa 200 Euro (ohne Radtransport).
Etappen
1. Tag:
Von Agios Ioannis nach Paramona
ca. 35 km, 500 hm
Agios Ioannis – Kokini – Option "Kaiserthron" – Kastelani – Kamara – Aghios Maheos – Paramona
Der gut ausgeschilderte Abstecher zum "Kaizer´s Throne", einem schönen Aussichtspunkt (mit Restaurant) erfordert etwas Beinkraft. Kurz vor Paramona wartet ein kleiner "Pass", der aber nicht gerade alpine Dimensionen hat. Die übrigen Steigungen sind entweder kurz oder weniger steil. Paramona hat einen kleinen, recht gepflegten Sandstrand.
2. Tag:
Rundtour zur Lagune
ca. 25 km, 250 hm
Paramona – Aghios Matheos – Korisia-Lagune – Paramona
Aghios Matheos ist der einzige nennenswerte Ort auf der Runde und lohnt einen Kaffeestop an der belebten Hauptstraße. Die dünne Landzunge, die das Meer von der Lagune mit ihren zahlreichen See- und Watvögeln trennt, ist bis auf wenige tiefsandige Stellen per Rad befahrbar. Sehr einsame Strände in diesem Bereich!
3. Tag
Von Paramona nach Vitalades
ca. 30 km, 200 hm
Paramona – Mesongi – Küstenstraße – Petriti – Notos – Perivoli – Vitalades
Die Straße längs der Ostküste mit ihren kleinen Häfen und dem Blick nach Albanien sowie zum griechischen Festland ist der Höhepunkt der Etappe. Der Strand bei Vitalades ist lang und einsam, war aber während unseres Aufenthaltes total vermüllt.
4. Tag
Korfus Südspitze
ca. 42 km, 350 hm
Vitalades – Ortsrand Lefkimi – Kritika – Neochori – Spartera – Kavos – Melikia – Lefkimi – ehem. Saline – Vitalades
Der herbe Kontrast zwischen den Bauerndörfern im Landesinneren und der Ballermann-Meile von Kavos prägt diese Etappe. Sehr stiller, lohnender Abstecher zur ehemaligen Saline nördlich von Lefkimi und bis ans Kap Lefkimis.
5. Tag
Von Vitalades nach Benitses
ca. 40 km, 500 hm
Vitalades – Perivoli – Argyrades – Aghios Georgios – Hiomatiana – Strongyli – Komianata – Gasturi – Achilleon – Benitses
Eine Etappe mit drei Highlights: der Badestrand bei Aghios Georgios, ein langer, stiller Passaufstieg oberhalb von Benitses und das "Sissi-Schloss" Achilleon.
6. Tag
von Benitses nach Agios Ioannis
ca. 36 km, 400 hm
Benitses – Kerkyra – Potamos – Danilia – Tembioni – Ropa-Ebene – Kokini – Agios Ioannis
Vorbei am Postkartenmotiv der kleinen Vlachera Kapelle am Südende der Flughafen-Landebahn (Achtung: der Abzweig zum Weg über die Lagune ist schwer zu finden) führt der Weg in die sehenswerte Altstadt der Inselkapitale Kerkyra – sie gilt als "schönste Stadt Griechenlands". Dann mäandert die Route durch kleine Dörfer und viele Hügel zurück zum Ausgangsort Agios Ioannis
Die beschriebene Tour basiert auf der von Wikinger angebotenen individuellen Korfu-Radreise. Man spart sich Streckenplanung und Hotelsuche, das Gepäck wird transportiert. Außerdem bietet der Veranstalter gute und günstige Leihräder – angesichts des teuren und umständlichen Flugtransports ein willkommenes Angebot. Sechs Etappen und sieben Übernachtungen (zum Teil mit HP) kosten im Frühjahr 465 Euro.
Wikinger Reisen, Tel. 02331/904 743,
www.wikinger.de
Sehenswert
Achilleon
Das Achilleon etwas nördlich von Benitses liess sich die österreichische Kaiserin Elisabeth ("Sissi") ab 1890 als Sommerpalast bauen. Der Neorenaissance-Palast huldigt der griechischen Mythologie mit vielen Statuen, seinen gepflegten Park bewachsen exotische Pflanzen. Auch die Innenräume mit historischen Möbeln sind zu besichtigen. Der Palast ist eine touristische Attraktion, der Eintritt beträgt sieben Euro. Es empfiehlt sich, die ruhigere letzte Stunde der Öffnungszeit (bis 19 Uhr) für den Besuch zu nutzen.
www.achillion-corfu.gr
Aussichtspunkt bei Stavros
Endlich Aussicht! Dafür ist Ausdauer erforderlich: Die Etappe nach Benitses kulminiert am Abzweig nach Stavros. Wer von der Route abweicht und weitere 80 Höhenmeter steil nach Stavros herauffährt gelangt nach der Ortsmitte an eine große Taverne auf der rechten Seite. Der Wirt hat links hoch mit roter Farbe den nicht fahrbaren Pfad zu einem Felskopf markiert, der den mutmaßlich besten Blick über ganz Korfu bietet.
Korission-Lagune
Vogelfreunde laufen mit umgehängten Ferngläsern den Watvögeln der Lagune hinterher, neugierige Radler wühlen sich per Rad ans Ende der Nehrung und erforschen jenseits einer kleinen Brücke über den Verbindungskanal zum Meer zu Fuß die hohe, einsame Dünenlandschaft.
Kerkyras Altstadt
Die 40.000-Einwohner-Stadt gruppiert sich um eine Altstadt mit italienischem Flair. Um diese Schönheit wissen leider auch die Kreuzfahrt-Anbieter. Wenn zweitausend Schiffsreisende gleichzeitig das Pflaster fluten, ist die Beschaulichkeit dahin.
Unterkunft
Agios Ioannis: Hotel Marida
Das einzige Hotel des Dorfes ist ein sehr charmantes altes Haus, das von einem ebensolchen Besitzer verwaltet wird. Essen gibt´s in der Taverna gegenüber. DZ/F 45 Euro
Hotel Marida, Kentriko Platia, Tel. 0030 26610 52410; kein Internet
Benitses: Hotel Bellavista
So international wie der italienische Name des Hotels in Griechenland ist auch das von einem jungen Team geführte Hotel im Touristenort Benitses. Es liegt nicht direkt am Strand, dafür aber auch nicht an der dort entlangführenden Straße. Freundlich, engagiert und relativ günstig: DZ/F ab 39 Euro
www.bellavistahotel.gr
Ag. Nikolaos, Notos Beach: Hotel Panorama
Der vielleicht schönste Ort für mehr als einen Ruhetag ist die Taverna Panorama auf der dritten Etappe. Eine malerische, eigene Bucht mit Sand- und Felsstrand und ein gepflegter Park mit Hängematten sowie die sehr entspannte Betreiberfamilie mit ihrer Taverne sind gute Argumente. Ferienwohnung, 40 Euro/Tag.
www.panoramacorfu.gr
Fahrradservice
Radfahren ist unter den Einwohnern Korfus nicht sonderlich populär. Technischen Service darf man kaum erwarten.
Essen + Trinken
Auf einer Touristeninsel wie Korfu dominiert die Touristenküche. Das Ergebnis schmeckt oft so wie "beim Griechen" in Deutschland. Der Salat überzeugt aufgrund der frischeren Zutaten meistens.
Eine der rühmlichen Ausnahme ist das Paxinos in Benitses, etwa 50 Meter landeinwärts vom Hauptplatz: Griechische Gerichte in großer Auswahl und gehobener Qualität. Tel. 0030 26610 72339
Karten
Freytag + Berndt: Korfu Straßenkarte 1:50.000, ISBN 978-3707909562, 8,99 Euro
Die beste Korfu-Karte, enthält auch kleine Straßen und manche Wanderwege.