Daniel Simon
· 09.12.2015
Radreise Griechenland! Die Máni verzaubert. Eine Reise durch die eigenwilligste und exotischste Kulturlandschaft Europas fordert und fördert alle Sinne.
Wo die südlichste Spitze Land im Meer versinkt und zwischen Wasser und Himmel nichts mehr zu sehen ist, muss die Welt zu Ende sein. Die Hellenen vermuteten hier einen Eingang zur Unterwelt. Für seine letzte und gefährlichste Heldentat stieg Herakles hinab in den Hades und besiegte den dreiköpfigen Höllenhund Kerberos, den Bewacher des Totenreiches. Herakles hatte seine Arbeiten vollbracht.
Während wir an diesem windverblasenen Stückchen Erde am südlichsten Ende des griechischen Festlands stehen und gebannt aufs Meer schauen, haben wir „unsere Arbeit“ erst zur Hälfte bewältigt. Startort der Umrundung der Máni, des mittleren „Fingers“ der Peloponnes ist die moderne Stadt Kalamáta. Gleich die erste Etappe ist die härteste und längste der ganzen Reise.
Es gilt das mächtige Taygetos-Massiv zu überwinden. Auf 38 Kilometer steigt eine beeindruckende Straße über den Pass auf 1300 Meter Höhe an. Das gegrillte Lamm in der Taverne „I Theotókos“ im Örtchen Artemísia entschädigt für die Strapazen. Auch wenn wir später die historische Geisterstadt auf der rasanten Abfahrt hinunter in das fruchtbare Evrótas-Becken fast übersehen, einen Besuch des byzantinischen Ortes Mystrá mit seinen verfallenen Klöstern wollen wir uns nicht entgehen lassen.
Ab Sparta verläuft die Fahrt abwechselnd über malerische Hochebenen und durch duftende Orangenhaine, die erst kurz vor der Küste enden. Vorbei an dem rostigen Wrack der Dimitrios rollen wir der pittoresken und lebendigen Hafenstadt Gýthio entgegen. Mit jedem Kilometer an der Ostküste der Máni wird die Landschaft archaischer und einsamer. Immer öfter sehen wir an den Berghängen die typischen Wehrtürme. Bereits in der Antike ließen sich Vertriebene und Verfolgte auf der Máni nieder.
Auch Piraten nutzten den unzugänglichen Rückzugsort als Operationsgebiet. Und so bildete sich in spätbyzantinischer Zeit eine Art Clan-Aristokratie mit vielen Fehden und jahrhundertelanger Blutrache. Die Pyrgi, teils für sich stehend, teils gruppiert zu kleinen Dörfern, waren Ausdruck von Macht und dienten dem Schutz der Clans. Bis wir endlich in die kleine Bucht von Pórto Kágio hinabrollen, haben wir einige schwere Anstiege von Meeresniveau in steinerne Bergnester hinter uns.
In dem verträumten Fischerdörfchen beziehen wir für drei Nächte Quartier. Wir genießen fangfrischen Fisch direkt am Strand, schwimmen in kristallklarem Wasser und spazieren über die Landzunge zu einer kleinen Kapelle mit fantastischem Meerblick. Ein Radausflug ans Kap Ténaro darf natürlich nicht fehlen.
Nach dem halbstündigen Spaziergang zum Leuchtturm am südlichsten Punkt des griechischen Festlands und der Besichtigung eines hellenistischen Bodenmosaiks und dem Orakelheiligtum des Poseidon freuen wir uns auf der Rückfahrt schon wieder auf das leckere Abendessen in Pórto Kágio.
Gut erholt arbeiten wir uns, die Sonne nun im Rücken, langsam die etwas flachere Westseite nach Norden hoch. Die herbe Schönheit fasziniert. Der Blick auf das bekannte Turmdorf Váthia vor den kahlen Höhenzügen sucht seinesgleichen. Vor allem die westliche Máni ist reich geschmückt mit byzantinischen Kirchen und Kapellen. Sie alle zu besichtigen ist fast unmöglich, die jedoch am Wegrand stehen, sollte man sich ansehen. Viele sind verschlossen, meist ist aber schnell jemand mit dem Schlüssel und ein paar Informationen zur Stelle.
Die Einheimischen freuen sich sehr über das Interesse der Touristen. Zwischen den Küstenorten verläuft die Straße oft etwas im Landesinneren, Meerblick ist aber jederzeit garantiert. Auch wenn hier kaum Verkehr herrscht, beeindruckt uns doch ein extra gebauter Radweg zwischen Ágios Nikólaos und Stoýpa, der direkt am Meer entlangführt.
Überall duftet es nach wildem Salbei. Ein kleines Café mit schönem Garten lädt zum Verweilen ein. Allmählich wird die Vegetation wieder üppiger. Vor der letzten großen Etappe genießen wir den Abend in Kardamýli.
Nette kleine Geschäfte laden zum Bummeln ein und ein wenig Kultur mit der Besichtigung des alten Ortsteils darf auch noch sein. Noch einmal fordert ein langer Anstieg an der Flanke des Profitis Ilias, mit 2407 Metern der höchste Gipfel der Peloponnes, letzte Reserven. Auf der Abfahrt durch uralte, wunderschöne Olivenhaine sehen wir in der Ferne am Horizont bereits unser Reiseziel Kalamáta.
Anspruchsvolle Rundreise von Kalamáta über das mächtige Taygetos-Gebirge nach Sparta und durch die fruchtbare Evrótas-Ebene ans Meer. Ab Gýthio in stetigem Auf und Ab der Ostküste entlang bis an die Südspitze der Máni nach Kap Ténaro. Auf der Westseite wieder Richtung Norden teils hoch über der Steilküste über die kargen Höhenzüge der Máni, verfallene Wehrtürme und byzantinische Kirchen streifend. Oft auch direkt am Meer durch malerische Fischerdörfer zurück nach Kalamáta.
Kalamáta – Mystrá – Sparta – Geráki – Skála – Gýthio – Kamáres – Kótronas – Lágia – Pórto Kágio – Kap Ténaro – Váthia – Geroliménas – Pýrgos Diroú – Areópoli – Agios Demetrios – Agios Nikólaos – Stoýpa – Kardamýli – Doloi – Kitries – Kalamáta
Im Sommerhalbjahr gibt es Direktflüge von mehreren deutschen Flughäfen nach Kalamáta. Im Winterhalbjahr muss man über Athen fliegen.
Wer mit dem Auto anreist kann ab Venedig oder Ancona mit der Fähre nach Patras übersetzen.
>> Tipp: Das griechische Reisebüro Linos Travel mit Sitz in Igoumenitsa. Kurzer Anruf (man spricht deutsch) und die sehr netten Mitarbeiter suchen die beste Verbindung zu Top-Preisen.
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>> Mystrá byzantinische Ruinenstadt mit ihren vielen Klosterkirchen und Kapellen am Steilhang des Taygetos-Massivs.
>> Sparta mit seiner antiken Akropolis, dem Archäologischen Museum und etwas außerhalb der Stadt dem Menelaion, der dem König Menelaos und seiner Frau Helena gewidmeten antiken Gedächtnisstätte.
>> Gýthio mit seiner klassizistischen Hafenfront und guten Fischtavernen. Einige Kilometer nördlich der Stadt liegt das eindrucksvolle Wrack der Dimitrios.
>> Kap Ténaro Der Leuchtturm auf der windumtosten Südspitze der Máni ist nur per halbstündigem Fußmarsch zu erreichen.
>> Váthia Das pittoresk an den kargen Ausläufern des Taygetos liegende Wehrturmdorf wird restauriert und langsam wieder zum Leben erweckt.
>> Pýrgos Diroú Die Glyfáda-Tropfsteinhöhle, eines der größten Naturwunder Griechenlands ist auf einer Kahnfahrt zu besichtigen.
>> Kardamýli Schöne Geschäfte und Cafés laden zum Verweilen ein. Ausgangspunkt vieler Wanderungen ins Taygetos-Gebirge.
Gute Übernachtungsmöglichkeiten findet man in fast jedem Ort der Máni. Besonders gut gefallen hat uns das Guesthouse Psamathous in Pórto Kágio. Mit viel Liebe zum Detail ist das kleine Hotel im maniotischen Stil gebaut. Jedes Zimmer ist ein Unikat. www.portokayio.gr
Dumont Reise-Taschenbuch "Peloponnes", 296 Seiten, 18,95 Euro.
Dumont Kunst-Reiseführer "Peloponnes", 352 Seiten, 25,90 Euro.
Anavasi Topographische Straßenkarte, 1:200.000 "Peloponnese", 11,90 Euro
(praktisch, weil alle Ortsnamen in griechischer und lateinischer Schrift abgebildet sind).
>> Tipp! Oft gibt es Bücher, Reiseführer gebraucht aber gut erhalten, günstig im Internet zu bestellen (medimops.de / rebuy.de)
Griechische Zentrale für Fremdenverkehr, Direktion für Deutschland,
Tel. +49 (0)69 257827-0, info@visitgreece.com.de,
www.visitgreece.gr