Matthias Rotter
· 30.07.2017
Eine genussvolle Radtour will gut vorbereitet sein. Auf der Wunschliste stehen Radwege, ruhige Nebenstraßen und viel Natur. Aber wie findet man die besten Routen? Wir stellen verschiedene Planungsmethoden vor, von klassisch bis modern:
Einfach ins Blaue radeln? Kann man machen – wenn man Überraschungen liebt. Doch spätestens, wenn einem auf der x-ten Bundesstraße die Lastwagen um die Ohren brummen, wird man diese Entscheidung bereuen. Fahrspaß sieht anders aus. Klar, das passiert nicht im Heimatrevier, wo man die schönsten Strecken fast im Schlaf findet. Sobald man jedoch das gewohnte Terrain verlässt, ist eine Routenplanung empfehlenswert – vor allem im Urlaub, wenn man entspannt unterwegs sein und dabei viel erleben möchte. Die entscheidenden Fragen für Radler:
Wo verlaufen verkehrsarme Nebenstraßen? Gibt es, besser noch, eine beschilderte Radroute als Alternative? Wie sind Fahrbahn, beziehungsweise Weg beschaffen? Wo warten die schönsten Ausblicke in die Landschaft, wo kann man rasten oder einkehren? Und vor allem: Wie weit und wie steil ist es? Letzteres ist für E-Biker besonders wichtig, schließlich ist der Akku irgendwann leer. Man sollte seine Leistung daher realistisch einschätzen: Welche Unterstützungsstufen nutze ich häufig? Wie weit komme ich normalerweise mit geladenem Akku? Auf gut geplanter Route erreicht man im Notfall zumindest eine Zwischenstation mit Lademöglichkeit.
Planen macht Spass
Die einfachste Form der Routenplanung profitiert von den Erfahrungen anderer Radler: So stehen in den Regalen der Buchhandlungen viele Beschreibungen populärer Radwege und Radwanderrouten. Oder man stöbert in den Online-Tourenportalen nach öffentlich zugänglichen Datenaufzeichnungen, den GPS-Tracks. Diese Tracks lassen sich auch am PC modifizieren und an eigene Wünsche anpassen. Eine solche Suche kann jedoch viel Zeit und Mühe kosten, die man lieber gleich in eine individuelle Planung investiert. Keine Angst: Man muss nicht zum Computer-Experten werden – aber es hilft enorm, wenn man die Errungenschaften moderner Technik zu nutzen weiß. Das betrifft besonders die Routenplaner-Programme, die auf vielen Seiten im Internet zur Verfügung stehen. Der nächste logische Schritt ist der Kauf eines GPS-Geräts, um die am Rechner geplanten Routen komfortabel nachzufahren. Oder man nutzt die GPS-Funktion des Smartphones. Das Gute daran: Die Bedienung der Geräte wird mit jeder Generation intuitiver, sodass nicht nur Spezialisten damit klar kommen.
Die gute alte Landkarte gehört indes längst noch nicht zum Altpapier! Sie bietet den optimalen Gesamtüberblick über eine Region; und durch die sogenannte Schummerung – die Tönung der Flächen, die den Eindruck erweckt, als leuchte eine imaginäre Lichtquelle die Landschaft aus – entsteht ein plastischer Eindruck. Zudem ist man mit Landkarte unabhängig von jeglicher Technik. Das kann vor allem unterwegs wichtig sein, zum Beispiel im Notfall! Man unterscheidet grob zwischen reinen Straßenkarten und topografischen Karten, die mithilfe von Höhenlinien das Profil der Landschaft realistisch darstellen. Außerdem bilden Topo-Karten neben den Straßen auch alle anderen Wege ab. Straßenkarten sind deshalb nur hilfreich für Radler, die ausschließlich auf Asphalt fahren möchten. Empfehlenswert sind beispielsweise die Michelin-Karten aus der Zoom-Serie im Maßstab 1:150.000. Sie bilden große Bereiche ab, die Darstellung der Landschaft ist durch eine schöne Schummerung sehr plastisch, und sie unterscheiden farblich markant zwischen Haupt- und Nebenstraßen. Auf fast allen Straßenabschnitten findert man Entfernungsangaben zwischen wichtigen Knotenpunkten und Abzweigungen. Landschaftlich schöne Streckenabschnitte sind extra grün gekennzeichnet. Die Michelin-Karten sind optisch einheitlich für alle Länder Europas erhältlich.
Die beste Wahl sind jedoch feiner aufgelöste Topo-Karten, die zudem eine Fülle von weiteren Informationen enthalten, die für Radler wichtig sind. Eine große Abdeckung und Auswahl bieten etwa die Radkarten des Kompass-Verlags, des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs (ADFC) und die Topo-Karten der Landesvermessungsämter. Darin verzeichnet sind neben Straßen und Wirtschaftswegen auch Radwege, Sehenswürdigkeiten, Einkehrtipps und Unterkünfte. Straßen sind mit verschiedenen Farben klassifiziert. Damit lassen sich Nebenstrecken leicht aufspüren. Man findet je nach Karte sogar Tourentipps – von Strecken- bis Rundtour. Spezielle Fahrradkarten unterscheiden auch gut zwischen verschiedenen Wegbeschaffenheiten. Selbst wenn diese Angabe nicht immer zu 100 Prozent der Realität entspricht, so sind E-Biker in diesem Punkt bei weitem nicht so eingeschränkt wie beispielsweise Rennradler. Denn mit Trekkingrädern und Allroundbereifung überwindet man auch Wald- und Schotterwege problemlos. Mountainbikestrecken sind separat gekennzeichnet, sodass man sie nach Wunsch einplanen oder vermeiden kann.
Ein wichtiger Punkt bei der Tourenplanung ist die Ermittlung von Entfernungen und Höhenmetern. In den genannten Fahrradkarten findet man teilweise Kilometerangaben entlang der empfohlenen Radrouten. In herkömmlichen Topo-Karten ist nur der Maßstab ein Anhaltspunkt. Mithilfe eines Lineals lässt sich zumindest eine gerade Verbindung zwischen zwei Punkten problemlos ausrechnen. Eine kurvige Strecke jedoch weicht erheblich von der Luftlinie ab. Hilfe verspricht ein sogenannter Kartenmesser: eine Messuhr mit einer kleinen Rolle. Damit kann man jegliche Strecken auf der Karte abrollen und anschließend auf einer Skala mit verschiedenen Maßstäben die zurückgelegte Distanz ablesen. Kartenmesser gibt es als mechanische oder elektronische Variante. Weitaus schwieriger und ungenauer ist eine Prognose der zu erwartenden Höhenmeter, vor allem in hügeligem Terrain. Hier bleibt einem nichts anderes übrig, als längs der Strecke nach Höhenangaben in der Karte zu suchen, beziehungsweise sich an den Höhenlinien zu orientieren. Wo sind Steigungen? Wo sind Abfahrten? Man kann die Differenzen für jedes Teilstück ausrechnen und die Ergebnisse am Ende addieren. Das verschafft wenigstens einen groben Überblick. Längere Steigungen hingegen, beispielsweise in den Alpen, lassen sich mit dieser Methode gut berechnen. Hier findet man definierte Talorte und markierte Passhöhen.
Steht der Streckenverlauf fest, kann man die Route mit einem Leuchtmarker auf der Karte hervorheben. Unterwegs empfiehlt sich das Einschlagen in eine Kunststoffhülle, auch wenn viele Fahrradkarten inzwischen auf wasserfestem Papier gedruckt sind. Wer seine Karten nicht bemalen möchte, kann den entsprechenden Kartenausschnitt scannen und ausdrucken. Tipp: Profis schreiben sich ein kleines Roadbook mit den wichtigsten Ortschaften und Abzweigungen. Das lässt sich auch während der Fahrt aus der Trikottasche ziehen, und man spart sich vielleicht den einen oder anderen Orientierungs-Stopp.
Landkarte
PLUS beste Übersicht, stets verfügbar, detaillierte Höhenangaben (Topo-Karten), spontane Routenänderungen problemlos
MINUS Bestimmung von genauen Distanzen umständlich, meist mehrere Blattschnitte nötig (je nach Maßstab), häufiges Anhalten unterwegs zur Orientierung
###new-page###Tourenplanung fürs E-BIKEOffline Touren planen
OFFLINE TOUREN PLANEN
Mit entsprechender Software lässt sich die Routenplanung am PC auch offline erledigen. Die Tour-Explorer-DVDs von MagicMaps enthalten alles, was Radler zur Planung und Navigation brauchen: Detailreiche Topo-Karten im Maßstab 1:25.000 für Rechner, GPS-Gerät und Smartphone. Dazu die Scout-App für die Navigation unterwegs. Weitere Features: 3D-Darstellung, genaue Höhenprofile, ausgefeiltes Auto-Routing und das komplette ADFC-Radwegnetz als Layer. Erhältlich für jedes Bundesland (49,90 Euro) oder Deutschland komplett (199,90 Euro). Eine Investition, die sich lohnt. www.magicmaps.de
Wer hauptsächlich GPS-Tracks bearbeiten möchte, kann sich das Programm Basecamp kostenlos von der Website des GPS-Spezialisten Garmin herunterladen. Die Software bietet umfangreiche Features, von Kartenimport (z. B. auch die kostenfreie OpenStreetMap) über Tourenplanung bis zur detaillierten Bearbeitung von GPS-Tracks. www.garmin.com
###new-page###Tourenplanung fürs E-BIKEOnline-Routenplaner
ONLINE-ROUTENPLANER
Im Internet findet man inzwischen zahlreiche Tourenportale. Auf diesen Plattformen stellen Radler ihre Touren anderen Radlern zur Verfügung, kategorisiert nach Sportarten. Man kann sein Tourenarchiv aber auf Wunsch auch privat halten. Neben den Tourenarchiven stellen einige dieser Websites digitale Werkzeuge für die Routenplanung zur Verfügung. Meistens handelt es sich dabei um ein automatisches Routing nach Eingabe von Start- und Zielort. In den Optionen kann man zwischen verschiedenen Radtypen auswählen, nach denen sich dann die Auswahl der Wege und Straßen richtet. Sicher, die Karten werden ständig besser, die darin enthaltenen Informationen für Radfahrer immer detaillierter. Dennoch zeigen Vergleiche mit komplett in Eigenregie geplanten Routen, dass die Automatik-Funktionen teils akzeptable, aber nicht immer optimale Ergebnisse liefern. Mit Überraschungen sollte man auf Tour also immer rechnen.
Wer bereits etwas Erfahrung hat, wird seine Routen lieber selbst erstellen. So bietet zum Beispiel das Portal GPSies einen Routenplaner mit der Option, Streckenverläufe nach eigenem Wunsch mit wenigen Mausklicks zu zeichnen. Die Funktion "Wegen folgen" legt den Track automatisch auf den Weg oder die Straße. Besonders praktisch bei vielen Kurven oder Serpentinen. Man setzt einfach die Punkte in größeren Abständen, und die Verbindung dazwischen erzeugt das Programm automatisch. Fehler lassen sich schrittweise rückgängig machen. All das klappt nach einer gewissen Einarbeitung sehr zügig. Außerdem stehen verschiedene Digitalkarten und Satellitenbilder zur Auswahl, die man während der Planung nach Belieben im Hintergrund wechseln kann – das ist eine große Stärke der Online-Planer! Digitale Karten wie beispielsweise OpenStreetMap (OSM) oder OSM-Rad werden ständig gepflegt und können inzwischen sogar mit renommierten gedruckten Radkarten mithalten. Darin sind auch Radwege, Radwanderrouten und weitere nützliche Details verzeichnet. Man ist nicht an einen Maßstab gebunden, alle Ansichten lassen sich stufenlos vergrößern. Noch besser: Mit jedem Klick an der Route wird die bisher zurückgelegte Distanz metergenau angezeigt und ein Höhenprofil berechnet, das zumindest einen groben Überblick vermittelt. Mit Abschluss der geplanten Route erstellt das Programm einen GPS-Track, den man zum Nachfahren aufs Fahrrad-Navi oder Smartphone herunterladen kann. Ohne diese Geräte ist die moderne Art der Routenplanung also nur eine halbe Sache.
Online-Routenplaner
PLUS viele Funktionen gratis, Distanzen metergenau erkennbar, verschiedene Digi-Karten zur Auswahl
MINUS automatisches Routing mit Schwächen, nur in Kombi mit einem GPS-Gerät sinnvoll, Höhenprofile ungenau (je nach Geländemodell)
###new-page###Tourenplanung fürs E-BIKEGPS-Gerät und Smartphone
GPS-GERÄT & SMARTPHONE
Ein GPS-Gerät ist die logische Ergänzung zur Routenplanung am PC. Seine Stärken liegen in der Navigation entlang des zuvor erstellten Tracks. Oder man lässt sich von beliebigen anderen Tracks leiten, beispielsweise aus einem Tourenportal. Das funktioniert mit entsprechenden Apps auch mit dem Smartphone, vorausgesetzt,
es hat einen GPS-Empfänger und ist für die Montage am Fahrradlenker geeignet.
Unverzichtbar ist eine installierte Digital-Karte. Die meisten modernen GPS-Geräte sind bereits damit ausgestattet, sodass man sofort losfahren kann. Alternativ gibt es die OSM-Karten kostenlos im Internet. Oder man investiert in Kartenmaterial von Anbietern wie Garmin, Kompass oder MagicMaps. Das Verfolgen des Tracks unterwegs ist ein Kinderspiel: Einfach der farbig hervorgehobenen Spur auf dem Display folgen. Auf Wunsch erstellt das Gerät sogar Abbiegehinweise, die kurz vor dem Abzweig als Symbol angezeigt werden. Neben der Orientierung auf Tour kann das GPS-Gerät aber auch auf die Schnelle ein automatisches Routing von A nach B berechnen. Dies geschieht wie beim Online-Routenplaner auf Basis der jeweiligen installierten Karte. Im Klartext: Ein fahrradspezifisches Auto-Routing ist nur so gut wie die aus der Karte heraus digital abrufbaren Informationen über Radwege. Eine nachträgliche Bearbeitung der Route gestaltet sich aufgrund der eher kleinen Displays und verschachtelter Menüs jedoch meist schwierig.
GPS-Gerät & Smartphone
PLUS komfortable Führung mit Track, perfekte Orientierung, Aufzeichnung aller Bewegungen
MINUS automatisches Routing mit Schwächen, je nach Displaygröße mangelnde Übersicht, kurze Akku-Laufzeit (Smartphone)
###new-page###Tourenplanung fürs E-BIKETourenportale für Radler
TOURENPORTALE FÜR RADLER
ADFC
Riesige, aber teilweise kostenpflichtige Tourendatenbank. Mit allen Radwegen und vielen zusätzlichen Infos für Radler. Inklusive Routenplaner. www.adfc-tourenportal.de
GPS-Tour.Info
Kostenlose, von den Usern gut gepflegte Touren-Tauschbörse. Eigene App zum Downloaden. www.gps-tour.info
Komoot
Beliebtes Tourenportal mit umfangreichem Angebot, auch von vielen Tourismus-Regionen. Offline-Karten zum Downloaden. Außerdem Routenplaner und App. Teilweise kostenpflichtig. Ihr findet MYBIKE-Collections und -Touren unter:
Naviki
Tourenportal, Routenplaner (auch für Rundkurse) und App, nur für Radfahrer. Teilweise kostenpflichtig. www.naviki.org
E-BIKE und TREKKINGBIKE
Unsere Schwestermagazine E-BIKE und TREKKINGBIKE verfügen über einen großen Bestand bestens recherchierter und beschriebener Touren, inklusive GPS-Daten zum Download. Seit 2018 sind beide Magazine in der neuen MYBIKE gebündelt. Einfach mal vorbeiklicken: gps-touren.mybike-magazin.de
Der komplette Artikel stand in E-BIKE Ausgabe 3/2017. Sie können die Ausgabe in der MYBIKE-App (iTunes und Google Play) laden oder im DK-Shop bestellen.