Robert Kühnen
· 24.02.2016
11-fach zeichnet sich bei Rennrädern und Mountainbikes als neuer Ritzelstandard ab. Trekkingbikes werden folgen. Kann das gut gehen? Der Labortest aktuellen 11-fach Schaltungen klärt auf.
Das Getriebe am Fahrrad ist eigentlich ein Unding. Filigrane Zahnräder, dicht an dicht gepackt und nach Maßstäben des Maschinenbaus mit zu wenigen Zähnen versehen, werden mörderischen Kettenkräften ausgesetzt. Und das ganz ohne Schutz vor der rauen Biker-Umwelt. Matsch, Lehm, Sand, Staub – alles, was unter die Räder kommt, gelangt auch auf die Kette; der Dreck wird geradezu magisch angezogen vom Schmierstoff, ohne den keine Kette geschmeidig läuft. Überall, wo Metall auf Metall trifft und dazwischen auch noch Dreck schmirgelt, wird Material abgetragen. Zwischen Bolzen und Laschen der ungedichteten Ketten und an den Flanken der Ritzel und Blätter erodiert auch härtester Stahl, ganz zu schweigen vom viel weicheren Aluminium. Nur durch rechtzeitigen Tausch verschlissener Komponenten, insbesondere der Kette, bleibt der Antrieb betriebssicher.
Der Verschleiß folgt einer einfachen Logik: je höher die Kräfte und je kleiner die Kontaktflächen, desto höher der Abrieb. Wenn mehr Ritzel auf dem gleichen Bauraum Platz finden müssen, liegt der Verdacht nahe, dass die Kontaktflächen zwangsläufig kleiner werden und der Verschleißdruck zunimmt. Sind 11-fach-Antriebe also nur etwas für Besserverdiener, denen die Kilometerkosten beim Biken egal sein können?
Sram hält dagegen und verspricht für seine XX1 11-fach-Kette eine viermal höhere Lebensdauer als bislang. Grund soll eine spezielle Beschichtung und Härtung sein. Auch Shimano wirbt mit einer neuen, reibungsmindernden Beschichtung der XTR-Kette. Marketing-Zauber oder technischer Fortschritt? Um den Verschleiß unter kontrollierten Bedingungen zu testen, hat unser Schwestermagazin BIKE drei 1x11-Antriebsstränge auf dem Kettenprüfstand einem rigorosen Test unterzogen:
Jedes Getriebe wurde auf dem Kettenprüfstand einem 45-Stunden-Dauerlauf unterzogen (entspricht rund 750 Kilometern). Drei Mal wurde während der Prüfung feiner Quarzsand und Wasser auf die geschmierte Kette aufgetragen, um den Verschleiß zu beschleunigen. Mit einer Verspannkraft von 100 Kilogramm Gewichtskraft haben wir eine viel gefahrene, mittlere Übersetzung von 32/17–19 mit einer "Trittfrequenz" von 75 Umdrehungen pro Minute traktiert. Metallisches Knirschen und Schleifen kündete akustisch von den zerstörerischen Kräften während der Fahrt. Die Längung der Kette wurde mehrfach erfasst und Ritzel und Blätter nach dem Versuch unter Last mit einer neuen Kette gecheckt. Zudem wurde der Zahnabrieb gemessen.
Die Hersteller haben einen guten Job gemacht und die 11-fach-Komponenten recht robust gestaltet. Die Haltbarkeit liegt auf einem Niveau mit den Zehnfach-Antrieben. Beim Einfach-Blatt wäre aber Stahl als Zahnradwerkstoff vorne wünschenswert. Dies würde die Wechselintervalle deutlich verlängern.
Der komplette Artikel stand in Trekkingbike-Ausgabe 1/2016. Sie können das gesamte Heft in der Trekkingbike-App (iTunes und Google Play) lesen oder die Ausgabe im DK-Shop bestellen.
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